Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 21.03.1996; Aktenzeichen S 10 A 221/95) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 21.3.1996 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung, Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten voll beim Vater vorzumerken.
Streitig ist die Zuordnung der Kindererziehungszeit und Kinderberücksichtigungszeit für das am …. 1992 geborene Kind J.. Die im … 1959 geborene Mutter, die Beigeladene, war seit 1973 nur mit kurzen Unterbrechungen durch Ausfallzeiten/Anrechnungszeiten pflichtversichert bis mindestens Dezember 1994 (Versicherungsverlauf vom August 1995). Sie hat im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes rund 59.000 DM, im Jahr der Geburt rund 40.000 DM, 1993 rund 57.000 DM verdient.
Der im … 1957 geborene Kläger, der Ehemann der Beigeladenen und Vater des Kindes, war von August 1973 bis September 1979 pflichtversichert.
Im März 1995 beantragte der Kläger, die Kindererziehungszeiten ihm voll anzurechnen und legte im Mai 1995 die gemeinsame Erklärung der Eltern zur gesamten Zuordnung der Kindererziehungszeit und Kinderberücksichtigungszeit zugunsten des Vaters vor.
Mit Bescheiden vom 16.5.1995 und 17.8.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.1995 ordnete die Beklagte die Kindererziehungszeit und Kinderberücksichtigungszeit dem Vater lediglich für die Zeit ab 1.1.1995 zu, wobei sie für die zulässige zweimonatige Rückwirkung gemäß § 56 Abs. 2 S 6 SGB VI vom Antragsdatum im März 1995 ausging.
Die am 27.11.1995 erhobene Klage hat der Kläger damit begründet, er sei nach der Geburt falsch beraten worden, weil ihm von einem Berater der Beklagten gesagt worden sei, die Zeiten könnten erst nach Ablauf des 3. Lebensjahres geltend gemacht werden.
Nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hat das Sozialgericht (SG) Koblenz die Beklagte mit Urteil vom 21.3.1996 verurteilt, die Kindererziehungszeit seit 1.4.1992 und die Kinderberücksichtigungszeit ab 1.3.1992 beim Kläger anzuerkennen. Streitig sei lediglich die Zuordnung nach § 56 SGB VI. Es habe nicht die typische gemeinschaftliche Erziehung, sondern die überwiegende Erziehung durch den Kläger vorgelegen. Der Kläger habe sich in der Phase der beruflichen Neuorientierung fast ausschließlich zu Hause aufgehalten und daher das Kind erziehen können. Hingegen hätte die damals gut verdienende Mutter, wenn sie den Erziehungsurlaub genommen hätte, ihre gute berufliche Position gefährdet. Die Erziehung durch den Vater habe dem gemeinsamen Willen der Eltern entsprochen. Bei dieser überwiegenden Erziehung nach § 56 Abs. 2 S 9 SGB VI bedürfe es nicht der übereinstimmenden Erklärung der Eltern über die Zuordnung der Kindererziehungszeit.
Mit ihrer Berufung vom 6.5.1996 wendet sich die Beklagte gegen das ihr am 9.4.1996 zugestellte Urteil. Sie könne der vom SG zitierten Entscheidung des BSG vom 28.2.1991 – 4 RA 76/90 – hier nicht folgen. Dieses sei zu § 2 Abs. 2 S 1 AVG ergangen. Nach dieser Bestimmung sei eine Aufteilung der Kindererziehungszeit auf Vater und Mutter nicht möglich gewesen. Zudem habe die übereinstimmende Erklärung spätestens nach Ablauf des 3. Kalendermonats nach der Geburt abgegeben werden müssen. Diese Regelung sei nicht flexibel gewesen. Hingegen ermögliche § 56 Abs. 2 SGB VI flexiblere Lösungen, insbesondere durch Aufteilung der Kindererziehungszeit und den Wegfall der Erklärungsfrist. Die jetzige differenzierte Regelung trage dem Anliegen des Grundgesetzes hinreichend Rechnung. Eine Interpretation des § 56 Abs. 2 SGB VI sei daher nicht erforderlich. Es handele sich hier ohne Rücksicht auf die konkrete Ausgestaltung durch die zusammenlebenden Eltern um eine gemeinsame Erziehung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 21.3.1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Akte der Beklagten mit dem Versicherungsverlauf der Beigeladenen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat sie zu Recht verurteilt, auch die Zeiten vom 1.4.1992 bis zum 31.12.1994 als Kindererziehungszeit und vom 1.3.1992 bis zum 31.12.1994 als Kinderberücksichtigungszeit beim Kläger vorzumerken.
Nach § 56 Abs. 1 SGB VI gelten für Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren Pflichtbeiträge als gezahlt. Für einen Elternteil wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleic...