Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungsunfähigkeit. unübliche Pausen. Verschlossenheit des Arbeitsmarktes
Orientierungssatz
1. Kurze und kürzeste Pausen sind jedenfalls dann nicht unüblich, wenn sie während einer Arbeitsschicht allenfalls drei- bis viermal in Anspruch genommen werden.
2. Allein aus der Notwendigkeit von unüblichen, in der Arbeitszeitordnung oder in Tarifverträgen nicht ausdrücklich vorgesehenen Pausen, kann nicht schon auf die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes geschlossen werden (vgl BSG vom 30.5.1984 - 5a RKn 18/83 = SozR 2200 § 1247 Nr 43).
Tatbestand
Der Kläger verlangt weiterhin an Stelle der ihm ab 1.1.1991 weitergewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU). Streitig ist auch, ob betriebsunübliche Pausen erforderlich sind.
Der im November 1944 geborene Kläger ist seit Oktober 1969 in der Bundesrepublik mit Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit und unbezahlten Urlaub als Bauarbeiter/Zimmerer/Schalungsbauer versichert. Nach Arbeitsunfähigkeit ab 1.7.1988 wegen eines Adenokarzinoms des Magens wurden deshalb während stationärer Behandlung Magen und Milz total entfernt und abdominelle Lymphknoten resiziert. Lymphknotenmetastasen und Lebermetastasen wurden auch nach der Operation nicht nachgewiesen.
Nach dem am 1.8.1988 gestellten Rentenantrag bewilligte die LVA R. mit Bescheid vom 13.4.1989 Rente wegen EU (DM 1.171.-) auf Zeit bis 31.12.1990. Zugrunde lag das von Internist Dr K. unter dem 26.10.1988 erstattete Gutachten. Die Rentenzahlung übernahm gemäß Bescheid vom 27.10.1990 wegen der vom Kläger früher in der Türkei zurückgelegten Beitragszeiten die Beklagte, die LVA O., und gewährte mit weiterem Bescheid vom 10.6.1991 Rente wegen BU auf Dauer (868 DM). Wegen der langjährigen Berufstätigkeit als Spezialbaufacharbeiter/Zimmermann nahm sie Berufsschutz an. Zugrunde lag ein wiederum von Internist Dr K. nach ambulanter Untersuchung erstattetes Gutachten vom Februar 1991. Dr K. berichtete, die Tumornachsorge habe keinen Hinweis für metastatische Prozesse ergeben, der Allgemein- und Kräftezustand sei mäßig reduziert. Gegenüber der Voruntersuchung habe der Kläger um 2 kg zugenommen. Das Untergewicht betrage jedoch immer noch 20 vH (55 kg bei 168 cm Körpergröße). Körperlich mittelschwere und schwere Arbeiten seien nicht mehr möglich, jedoch körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne Besteigen von Leitern, ohne Zwangshaltung, mit der Möglichkeit, häufige kleine oder kleinste Mahlzeiten und Trinkmengen aufzunehmen. Die Gewährung von EU-Rente lehnte die Beklagte dagegen ab.
Im Widerspruchsverfahren legte die prakt Ärztin Dr S. einen Bericht vom 11.11.1991 vor, nach dem seit Februar 1991 ein ausgeprägtes Dumping-Syndrom vorliege. Etwa eine Stunde nach dem Essen müsse der Kläger sich für 1-2 Stunden wegen allgemeiner Schwäche hinlegen. Der Kläger war erneut vom 18.11. bis 24.11.1991 in stationärer Behandlung der Chirurgischen Klinik des Klinikums der Stadt L. wegen unklarer epigastrischer Druckschmerzen. Ein Anhalt für ein Lokalrezidiv oder eine Filialisierung wurde nicht gefunden und ein Diätfehler angenommen.
Nach Zurückweisung des Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid vom 25.3.1992 hat der Kläger am 13.4.1992 Klage erhoben. In dem beigefügten Attest der prakt Ärztin Dr S. vom 1.10.1992 werden unter anderem post-prandiale Kopfschmerzen und eine Verschlechterung der Rückenbeschwerden mit eingeschränkter Beweglichkeit angegeben. Das Sozialgericht (SG) hat sodann ein fachinternistisch-gastroenterologisches Gutachten bei dem Direktor der Med Klinik C des Klinikums der Stadt L. eingeholt. Prof Dr R. und Oberarzt Dr S. kamen nach stationärer Untersuchung des Klägers vom 15.-17.12.1992 zum Ergebnis, der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten halb- bis untervollschichtig verrichten. Er solle 6-8 kleine Mahlzeiten täglich einnehmen können. Es liege ein Zustand nach Magenoperation wegen der Krebserkrankung vor. Ein Anhalt für ein Rezidiv oder eine Metastasierung bestehe nicht. Die Schmerzen im Bereich des Magens und nach der Einnahme größerer Mahlzeiten seien Folge der Operation. Sie könnten durch häufigere kleinere Mahlzeiten in gewissen Grad verhindert werden. Außerdem bestehe ein sekundärer Eisenmangel nach der Magenentfernung, jedoch kein Vitamin B12- oder Folsäuremangel. Eine Vitamin-Substitution sei empfohlen. Der Kläger wiege 54,1 kg bei 1,70 m Körpergröße und sei daher deutlich untergewichtig, jedoch sei der Kräftezustand gut. Aus diesem Verlauf sei zu entnehmen, daß es nach der Operation nicht zu einer wesentlichen Gewichtsabnahme gekommen sei. Der Kläger sei bewußtseinsklar. Extremitäten und Gelenke seien frei, die Wirbelsäule nicht klopfdolent. Dem stimmte der Ärztliche Dienst der Beklagten im wesentlichen zu. Das SG holte noch Unterlagen bei Dres H./W./B. und einen Befundbericht bei der prakt Ärztin Dr S. ein, die den Kläger für eine Erwerbstätigkeit nicht fähig hielt. Das SG ordnete dann noch ein orthopädisches Gutachten bei ...