Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Leistungsausschluss. Hippotherapie. neues Heilmittel iS des § 138 SGB 5. Zuständigkeit des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen
Orientierungssatz
1. Zum Begriff der Hippotherapie.
2. Der Ausschluss der Hippotherapie im Rahmen der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien ist sowohl für die Leistungserbringer wie auch für die Versicherten bindend.
3. Bei der Hippotherapie handelt es sich um ein "neues" Heilmittel iS von § 138 SGB 5.
4. Aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 34 Abs 4 und Abs 5 SGB 5 sowie § 138 SGB 5 ergibt sich, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Entscheidung über die Einführung neuer Heilmittel zuständig ist, während der Ausschluss bereits anerkannter Heilmittel aus der Verordnungsfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung durch eine Rechtsverordnung erfolgen muss.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung und weitere Kostenübernahme für eine Hippotherapie.
Der ...1982 geborene Kläger ist bei der Beklagten als Familienangehöriger krankenversichert. Bei ihm besteht eine rechtsbetonte Tetraparese sowie ein fokales Anfallsleiden. Seit mindestens Oktober 1989 verordnet der Kinderarzt Dr. V aus Worms dem Kläger Hippotherapie. Die Beklagte zahlte zu den anfallenden Kosten Zuschüsse.
Mit Bescheid vom 13.11.1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Kosten der durchgeführten Hippotherapie vom 7.1.1998 bis 23.9.1998 würden mit einem Betrag von 520,-- DM bezuschusst. Es handele sich um eine Einzelfallentscheidung ohne Rechtsanspruch. Zukünftig könnten allerdings aufgrund einer Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Zuschüsse für die Hippotherapie nicht mehr gezahlt werden.
Der Kläger legte Widerspruch ein und legte eine Bescheinigung von Dr. V vom 19.12.1998 vor. Hierin wurde ausgeführt, die Hippotherapie sei iS eines multimodalen Ansatzes bei komplexem Störungsbild einerseits und als Anschlussbehandlung nach Beendigung der vorher durchgeführten Ergotherapie in der Gruppe und als Ergänzung der Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage in der Schule verordnet worden. Der Kläger habe seit Beginn dieser Therapie ganz erhebliche Fortschritte in seiner Rumpfaufrichtung, Balance und Bewegungskoordination, aber auch in seinem Selbstbewusstsein und in seiner gerade in diesem Alter schwierigen Motivation zu weiterer therapeutischer Arbeit gemacht. Das Krankheitsbild der rechtsbetonten Tetraparese iVm dem fokalen Anfallsleiden werde kompliziert durch ein Asthmaleiden sowie eine hypochondrisch bestehende emotionale Störung von deutlichem Krankheitswert. Im Grunde bedürfe es lebenslanger therapeutischer Anstrengungen, um beim Kläger Folgeschäden iS einer schweren Fehlhaltung einerseits und einer sich verschlechternden Dyskoordination andererseits so gering wie möglich zu halten. Für infantile Cerebralparesen habe sich das therapeutische Reiten, das üblicherweise nicht in den Leistungskatalog der Krankenkasse gehöre, als Therapieform ausgesprochen bewährt. Vom kinderärztlich-neurologischen Standpunkt aus wäre eine vollständige Kostenübernahme voll gerechtfertigt, eine zumindest teilweise Übernahme sehr zu begrüßen. Es wäre für den Kläger ein schwerwiegender Rückschlag sowie ein gravierender Schaden für das langfristig angelegte Therapiekonzept, wenn das erfolgreich eingeleitete therapeutische Reiten unterbrochen werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.3.1999 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch über den 23.9.1998 hinaus an der Hippotherapie teilgenommen. Hierfür sind gemäß den Rechnungen vom 25.5.1999 und vom 11.1.2000 Kosten für jeweils 20 Einheiten in Höhe von jeweils 820,-- DM angefallen.
Mit Urteil vom 21.9.1999 hat das Sozialgericht Mainz (SG) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die weitere Übernahme der Kosten für die Hippotherapie abgelehnt. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Kostenübernahme setze voraus, dass ihm ein entsprechender Sachleistungsanspruch zustehe. Bei der Hippotherapie handele es sich nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Methode. Die besonderen Voraussetzungen, unter denen eine solche Maßnahme in die Leistungspflicht der Beklagten falle, sei nicht erfüllt. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, der in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien die Hippotherapie ausdrücklich als Methode bezeichnet habe, die in der vertragsärztlichen Versorgung nicht als Heilmittel verordnet werden könne. Das für die Anerkennung neuer Behandlungsmethoden zuständige Fachgremium habe sich folglich mit dem diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode befasst und seine Erkenntnisse in die Richtlinien eingebracht. Im Falle einer vom Bundesausschuss ausgesprochenen Nichtanerkennung scheide eine Anwendung dieser Maßnahme zu Lasten der gesetzlichen K...