Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 28.11.1994; Aktenzeichen S 2 U 264/93) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28.11.1994 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte die von der Klägerin bezogene Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung von allen künftigen tatsächlichen und rechtlichen Änderungen ausgeschlossen hat.
Die Klägerin ist 1946 geboren. Sie fuhr am Donnerstag, den 29.5.1980, auf der Bundesautobahn A. im Bereich der Gemeinde Ne., aus Richtung Köln kommend und in Richtung Frankfurt/Main fahrend, um 14.55 Uhr auf einen Lkw auf. Hierbei erlitt sie schwere Verletzungen, ua eine Hirncontusion. Nach dem Unfall war die Klägerin bewußtlos und nicht ansprechbar. An den Unfallhergang kann sie sich nicht erinnern.
Zum Unfallzeitpunkt war die Klägerin als kaufmännische Angestellte in dem Unternehmen ihres damaligen Ehemannes A. I. tätig. In dem Durchgangsarzt-Bericht des Dr. Sch., Leitender Arzt der Chirurgischen Abteilung des B.kranken. M., ist vermerkt, zu dem Unfall sei es „auf dem Weg von der Buchhalterin (R.-B.)” gekommen. Diese Angabe beruhte auf einer Mitteilung des A. I. In einem Schreiben des A. I. vom 26.6.1980 wurde demgegenüber angegeben, der Unfall habe sich auf einer Fahrt ereignet, die dem „Kauf von Büromaterial in M.” gedient habe. In einem weiteren Schreiben des A. I. vom 1.8.1980 hieß es dann, die Fahrt sei in Zusammenhang mit der „Besprechung diverser Buchungssachen” unternommen worden. Mit Schreiben vom 21.10.1980 teilte die Klägerin mit, bei der am Unfalltag aufgesuchten Buchhalterin handele es sich um M. Sch. aus Ra.-B; zuvor sei sie bei der Firma R. gewesen, um Büromaterial zu besorgen. Mo. Sch. teilte der Beklagten mit Schreiben vom 25.11.1980 mit, die Klägerin habe sie am Unfalltag gegen 12.00 Uhr aufgesucht und sei nach einer „Besprechung von Buchungsunterlagen” um ca 14.30 Uhr abgefahren.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 13.7.1983 wegen der Unfallfolgen Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 vH ab dem 15.10.1981. Als Unfallfolgen stellte sie fest: Hirnorganische Leistungsminderung und Sprachstörung nach Schädelhirntrauma, abgeheilte Platz- und Rißwunde im Kopf-Halsbereich.
In einem an die Beklagte gerichteten anonymen Schreiben vom Juni 1988, das, wie sich später herausstellte, von einem früheren Beschäftigten der Firma I., G. R., verfaßt war, wurde behauptet, die Klägerin habe zum Unfallzeitpunkt ihren Sohn M. von der Schule abholen wollen. Die Beklagte befragte daraufhin die Klägerin, A. I., M. Sch., G. R. sowie den Betriebsleiter der Firma I., Hans B., zum Sachverhalt. M. Sch. gab dabei an, ihre Angabe, die Klägerin sei am Unfalltag bei ihr gewesen, sei unrichtig. Sie sei von A. I. um diese falsche Aussage gebeten worden.
Aufgrund dieses neuen Sachverhalts nahm die Beklagte mit Bescheid vom 28.9.1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.1988 ihren Bescheid vom 13.7.1983 sowie die in Zusammenhang mit der Bewilligung von Übergangsgeld erlassenen Verwaltungsakte nach § 45 SGB X zurück und forderte die Klägerin zur Rückzahlung der zu Unrecht erbrachten Leistungen auf.
Mit Bescheid vom 28.9.1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.1988 machte die Beklagte außerdem gegen A. I. den Ersatz des ihr im Zusammenhang mit der Leistungsgewährung an die Klägerin entstandenen Schadens geltend.
In den Klageverfahren gegen die oben genannten Bescheide (S 6 U 140/88 = Rechtsstreit der Klägerin und S 6 U 26/89 = Rechtsstreit des A. I.) behaupteten die Klägerin und A. I. am Unfalltag habe sich die Klägerin an einer Autobahnausfahrt mit einem Fahrer der Firma Stahlflanschen aus K. getroffen, um von diesem einen Stahlflansch für die Firma I. in Empfang zu nehmen. Dies werde durch einen Lieferschein vom 29.5.1980 sowie eine Rechnung vom 12.8.1980 bewiesen. Der Unfall habe sich auf der Rückfahrt von diesem Treffen ereignet. Außerdem machte die Klägerin geltend, sie könne sich zum Unfallzeitpunkt auch auf der Rückfahrt von der Nassauischen Sparkasse in M. befunden haben, wo sie am Unfalltag Kontoauszüge abgeholt und Schecks eingereicht habe.
Das Sozialgericht vernahm daraufhin G. R., M. Sch., Hans B., den Sohn der Klägerin – M. I. – sowie Axel M., der zum Unfallzeitpunkt bei der Firma Stahlflanschen in der Niederlassung K. arbeitete, als Zeugen. Letzterer sagte aus, er habe sich mit der Klägerin an der Autobahnausfahrt bei M. getroffen, um ihr einen Stahlflansch zu übergeben. An diesen Tag könne er sich zwar nicht mehr genau erinnern; ein oder zwei Tage später habe er aber von einem Arbeitskollegen im Büro erfahren, daß die Klägerin an dem besagten Tag, an dem er ihr den Flansch übergeben habe, einen Unfall erlitten habe.
Durch Urteil vom 9.8.1990 hob das Sozialgericht die an die Klägerin geri...