Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Ausschluss von Laluk-Kautabletten aus dem Leistungskatalog ist verfassungsgemäß

 

Orientierungssatz

Bei Laluk-Kautabletten handelt es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel und damit um ein Lebensmittel, für welches die gesetzliche Krankenversicherung nicht einzustehen hat. Hierin liegt auch kein Verfassungsverstoß. Insbesondere kann kein Leistungsanspruch aus dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 hergeleitet werden. Denn dieser ist nicht einschlägig in Fällen, in denen die Erkrankung den Versicherten zwar erheblich beeinträchtigt, die Erkrankung aber weder lebensbedrohlich ist, noch regelmäßig tödlich verläuft und angesichts ihrer Schwere und des Ausmaßes der aus ihr folgenden Beeinträchtigungen dem wertungsmäßig auch nicht gleichzustellen ist (vgl BSG vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R).

 

Tatbestand

Streitig ist die Erstattungspflicht der Beklagten für als Nahrungsergänzungsmittel vertriebene Laluk-Kautabletten bzw. -Kapseln mit Lactase, einem milchzuckerspaltendem Enzym.

Der 1941 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet an einer Milchzucker-Unverträglichkeit, die bei Verzehr von Milchprodukten zu Beschwerden wie Blähungen, Völlegefühl, Übelkeit, Brechreiz, Magenkrämpfen und Durchfall führt. Durch Vermeidung von Milchprodukten lässt sich eine Beschwerdefreiheit erreichen. Der Kläger ist nach den Angaben im Arztbrief der Dr v E Klinik vom 13.03.2000 wegen zahlreicher somatischer Beschwerden seit 1993 berentet und als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 anerkannt. Er ist auf die regelmäßige Einnahme zahlreicher Medikamente angewiesen, welche als Hilfs- bzw Füllstoff Lactose (Milchzucker) enthalten und auf die er nach eigener Erfahrung empfindlich reagiert. Nur zum Teil war eine Umstellung auf lactosefreie Tabletten möglich. Deshalb beantragte der Kläger im August 2003 bei der Beklagten die Genehmigung zur vertragsärztlichen Rezeptierung von Laluk-Kautabletten mit Lactase, die vom Hersteller als Nahrungsergänzungsmittel zur besonderen Ernährung bei Milchzucker-Unverträglichkeit im Rahmen eines Diätplanes vertrieben werden.

Die Beklagte lehnte diesen Antrag nach Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) - Gutachten von MD H vom 26.09.2003 - ab, weil weder die gesetzlichen Vorschriften des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) noch die Arzneimittelrichtlinien die Kostenübernahme für Nahrungsergänzungen zuließen (fernmündlicher Bescheid vom 04.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2003).

Mit seiner hiergegen am 05.12.2003 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, für sein Leiden seien die Laluk-Tabletten keine Nahrungsergänzung, sondern eine Ergänzung der medikamentösen Behandlung.

Durch Urteil vom 12.10.2005 hat das Sozialgericht (SG) Speyer die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der bisher von ihm aufgewandten Kosten für Laluk-Tabletten und auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte diese Tabletten künftig im Wege der Sachleistung zu erbringen habe. Gemäß § 31 Abs 1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit diese nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V ausgeschlossen seien. Vorliegend handele es sich bei den streitgegenständlichen Laluk-Kautabletten um ein Nahrungsergänzungsmittel, wie bereits aus dem vom Kläger vorgelegten Beipackzettel des Herstellers hervorgehe. Damit liege bereits die Grundvoraussetzung von § 31 Abs 1 SGB V nicht vor, weil die Laluk-Kautabletten kein Arzneimittel im Sinne von § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) darstellten. Andernfalls bedürfte es zudem einer arzneimittelrechtlichen Zulassung gemäß § 21 AMG, die ebenfalls nicht gegeben sei (Hinweis auf LSG NRW 04.03.2004 - L 16 KR 84/03, juris). Auch eine ausnahmsweise Leistungspflicht der Beklagten gemäß § 31 Abs 1 S 2 SGB V iVm den Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V sei nicht gegeben. Denn auch hiernach seien Lebensmittel im Sinne von § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nach Ziffer 20.1i AMR (früher: 17.1i AMR) ausgeschlossen. Eine der hierzu genannten Ausnahmeindikationen liege beim Kläger nicht vor. Der Vortrag des Klägers, durch die notwendige Einnahme anderer Medikamente nehme er zwangsläufig Lactose auf, was Beschwerden verursache, führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Qualifikation eines Präparates als Arzneimittel richte sich nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften bzw nach der generellen Anwendung. Für eine überwiegende Zweckbestimmung als Arzneimittel finde sich kein Anhalt, rechtlich blieben die begehrten Tabletten daher Nahrungsergänzungsmittel. Die Versorgung hiermit habe der Gesetzgeber grundsätzlich, und mangels Ausnahme im Sinne der AMR auch vorliegend, dem individuellen...

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