Verfahrensgang

SG Trier (Urteil vom 27.08.1997; Aktenzeichen S 5 Ar 54/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 27.8.1997 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung, dass die Abtretung des Arbeitslosenhilfe (Alhi)-Anspruches des Beigeladenen in Höhe von 250,– DM monatlich, in dessen wohlverstandenem Interesse liegt.

Der 1960 geborene, alleinstehende Beigeladene bezog seit 1994 Leistungen von der Beklagten. Zuletzt war ihm Alhi ab dem 26.1.1996 in Höhe von 237,– DM wöchentlich bzw ab dem 1.1.1997 in Höhe von 233,40 DM wöchentlich bewilligt worden (Bescheide vom 1.7.1996 und 19.12.1996). Vom 13.1.1997 bis zum 12.6.1997 bezog er Unterhaltsgeld (Uhg) in Höhe von 264,– DM wöchentlich und danach bis zur Arbeitsaufnahme am 1.4.1998 erneut Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 254,60 DM wöchentlich. Seit dem 1.9.1995 lebt der Beigeladene aufgrund einer ordnungspolizeilichen Einweisungsverfügung als Obdachloser in einer Obdachlosenunterkunft der Klägerin. Hierfür ist eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 250,– DM monatlich zu entrichten. Leistungen nach dem BSHG erhält der Beigeladene im Hinblick auf sein Einkommen nicht. Die Zahlung der Nutzungsentschädigung durch den Beigeladenen erfolgte nur schleppend. Am 15.11.1996 trat er daher seine Ansprüche auf Alhi unter Verzicht auf die Pfändungsfreigrenzen in Höhe der Nutzungsentschädigung von monatlich 250,– DM ab Dezember 1996 an die Klägerin ab, was diese der Beklagten am 25.11.1996 anzeigte. Mit Bescheid vom 17.12.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.3.1997 stellte die Beklagte fest, dass die Abtretung der Alhi nicht im wohlverstandenen Interesse des Beigeladenen liege und zahlte die Alhi weiter in voller Höhe an den Beigeladenen aus. Der Abtretung stehe kein adäquater schutzwürdiger Vorteil gegenüber. Die Zahlung der Nutzungsentschädigung durch den Beigeladenen könne auch auf andere Art und Weise als durch Abtretung sichergestellt werden. Der Beigeladene wohnt auch derzeit noch in der Obdachlosenunterkunft. Bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Beigeladene die monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 250,– DM bis einschließlich November 1997 gezahlt.

Am 17.4.1997 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Trier erhoben und vorgetragen, durch die Abtretung werde eine preisgünstige Unterkunft für den Beigeladenen sichergestellt. Mit Urteil vom 27.8.1997 hat das SG die Beklagte verurteilt festzustellen, dass die Abtretung des Anspruches auf Zahlung von Alhi im wohlverstandenen Interesse des Beigeladenen liege. Durch die Abtretung werde die Unterkunft des Beigeladenen sichergestellt, was einen adäquaten Vorteil für die Abtretung darstelle.

Gegen das ihr am 4.9.1997 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2.10.1997 Berufung eingelegt.

Sie trägt vor: Die Abtretung diene nicht der Sicherung der Unterkunft des Beigeladenen, weil der Beigeladene auch ohne Abtretung seine Unterkunft im Obdachlosenheim nicht verliere, denn die Klägerin sei zur Unterbringung Obdachloser nach polizeirechtlichen Vorschriften verpflichtet. Die Abtretung diene daher nur der Begleichung von Schulden im Interesse der Klägerin, was jedoch nicht im wohlverstandenen Interesse des Beigeladenen liege. Die Klägerin könne nämlich ihre Ansprüche auf Nutzungsentschädigung auch durch andere Maßnahmen, z.B. durch Bankeinzugsverfahren, realisieren.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 27.8.1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Zweck der Abtretung sei die Deckung von Wohnkosten. Bereits dies diene dem wohlverstandenen Interesse des Beigeladenen. Durch die Abtretung werde auch von weiteren Zwangsbeitreibungsmaßnahmen abgesehen. Ein Bankeinzugsverfahren, das die Begleichung der Nutzungsentschädigung für die Unterkunft sicherstellen könne, gebe es nicht. Zudem sei sie als Sozialhilfeträger nicht verpflichtet, Obdachlosen, die aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse ein Zimmer oder eine Wohnung anmieten könnten, Obdach zu gewähren. Schließlich habe das OVG Niedersachsen entschieden, dass auch auf die im Existenzminimum enthaltenen Wohnraumkostenanteile zugegriffen werden könne, wenn dem Schuldner als Ausgleich hierfür Wohnraum gewährt werde.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die den Beigeladenen betreffende Leistungsakte (St.-Nr. …) Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie wendet sich gegen ihre Verurteilung festzustellen, dass die Teilabtretung des Alhi-Anspruches im wohlverstandenen Interesse des Beigeladenen liegt. Bei der von der Klägerin erhobenen Klage handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- ...

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