Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 21.06.2000; Aktenzeichen S 11 Ar 195/98) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 21.6.2000 – S 11 Ar 195/98 – aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verlängerung der beruflichen Umschulungsmaßnahme zur Rechtsanwaltsgehilfin für die Dauer eines Jahres.
Die am 16.3.1971 geborene Klägerin absolvierte ihren Angaben zufolge nach ihrem Hauptschulabschluss zunächst eine Ausbildung zur Arzthelferin. Diese Ausbildung schloss sie nicht ab. Von April 1989 bis August 1990 war sie – mit Unterbrechungen – als Montiererin tätig. Im September/Oktober 1990 arbeitete sie als Aushilfe/Pflegerin in einem Alten- und Pflegeheim. Danach war sie vom 29.10. bis 31.10.1991 als Stationshilfe im Krankenhaus tätig. Zuletzt arbeitete sie von 1993 bis 1995 als Verkäuferin in einer Bäckerei. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen.
Am 19.7.1995 stellte die Klägerin den Antrag auf Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme. Hierzu legte sie einen Berufsausbildungsvertrag zur Rechtsanwaltsgehilfin vor. In § 1 dieses Vertrages wurde eine Ausbildungsdauer vom 1.8.1995 bis 31.7.1997 festgelegt. Dieser Vertrag wurde durch die Rechtsanwaltskammer für den Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz am 19.7.1995 in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen. Durch Bescheid vom 28.8.1995 bewilligte die Beklagte Unterhaltsgeld nach einem Leistungssatz von 323,80 DM wöchentlich auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes von 560,– DM, der Leistungsgruppe A und einem Leistungssatz von 60 v.H.. Mit weiterem Bescheid vom 8.9.1995 übernahm sie die Maßnahmekosten nach § 45 Arbeitsförderungsgesetz (AFG).
Mit Schreiben vom 9.7.1997 beantragte die Klägerin die Verlängerung der Umschulungsmaßnahme sowie der Unterhaltsgeldzahlung ab dem 1.8.1997 um ein Jahr bis zur Ablegung der Prüfung zur Rechtsanwaltsfachangestellten. Hierzu legte sie den geänderten Ausbildungsvertrag vor. Die Rechtsanwaltskammer habe sie nicht vorzeitig zur Prüfung zugelassen. Nur in Fällen besonderer Leistungen lasse die Kammer Umschülerinnen vor Ablauf von 3 Jahren zur Abschlussprüfung zu. Auch eine nur um ein halbes Jahr verlängerte Umschulungsdauer werde regelmäßig nicht akzeptiert.
Mit Bescheid vom 7.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.1998 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung gab sie an: Eine Förderung der um ein Jahr verlängerten Umschulungsdauer sei nach § 47 AFG i.V.m. § 10 der Anordnung Fortbildung und Umschulung (AFuU) nicht möglich. Nach § 10 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AFuU komme die Förderung einer mehr als 2 Jahre dauernden Umschulung nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht. Diese Voraussetzungen seien im Fall der Klägerin nicht gegeben.
Gegen den am 9.4.1998 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am Montag, dem 11.5.1998, Klage erhoben und vorgetragen, sie habe einen Anspruch auf Förderung einer dreijährigen Umschulung zur Rechtsanwaltsgehilfin. Diese Rechtsauffassung werde durch mehrere sozialgerichtliche Urteile bestätigt. Die Umschulung zur Rechtsanwaltsfachangestellten könne im Hinblick auf die Ablehnung der Verkürzungsmöglichkeit seitens der Rechtsanwaltskammer nur durch eine dreijährige Umschulung verwirklicht werden. Im Übrigen sei nach den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) für den Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten eine dreijährige Ausbildungsdauer zwingend vorgeschrieben.
Durch Urteil vom 1.6.2000 hat das Sozialgericht Koblenz (SG) den Bescheid der Beklagten vom 7.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.1998 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Umschulung der Klägerin zur Rechtsanwaltsfachangestellten auch in der Zeit vom 1.8.1997 bis 31.7.1998 zu fördern. Die Bescheide der Beklagten seien rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Entgegen der Beurteilung der Beklagten habe diese die dreijährige Umschulung der Klägerin zu fördern. Nach Ansicht der Kammer sei § 10 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AFuU als untergesetzliche Norm unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Berufswahlfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur früheren Rechtslage (Urteil vom 14.7.1994 – 7 RAr 32/93 –) auszulegen. Deshalb müsse auch weiterhin eine dreijährige Umschulungsmaßnahme gefördert werden.
Gegen das am 17.7.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.8.2000 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, nach § 10 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 AFuU werde eine Umschulungsmaßnahme, die bei Vollzeitunterricht 2 Jahre übersteige, grundsätzlich nur gefördert, wenn die berufliche Umschulung wegen gesetzlicher Bestimmungen auf andere Weise nicht verwirklicht werden könne und die Maßnahme nicht länger als 3 Jahre dauere. Eine solche Ve...