Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 15.09.1989; Aktenzeichen S 4 Vs 573/88) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 15.9.1989 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Grads der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).
Dem 1957 geborenen Kläger wurde im März 1985 eine Aortenklappe ersetzt. Auf seinen Antrag stellte das Versorgungsamt Koblenz mit Bescheid vom 9.7.1985 als Behinderung einen „Aortenklappenersatz bei Aortenklappendocarditis 3/85” mit einem GdB von 50 fest.
Im Rahmen eines von Amts wegen eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens holte das Versorgungsamt einen Befundbericht ein bei der Hausärztin des Klägers, Frau Dr. K., die umfangreiche Unterlagen des Dr. S., Krankenhaus M. K., vorlegte. Frau Dr. K. führte aus, subjektiv bestehe beim Kläger Beschwerdefreiheit, die Belastbarkeit für leichte Arbeit sei gut und der Kläger habe seine berufliche Tätigkeit (Entstörer bei der Post) wieder aufgenommen. In einem Arztbrief vom 2.2.1987 hatte Dr. S. angegeben, nach der zweiten Reoperation habe sich das Befinden und der objektive Befund beim Kläger erheblich gebessert. Er sei beschwerdefrei auch bei mittelstarken bis relativ starken körperlichen Belastungen. Die Ärztin S.-N. hielt in einer gutachterlichen Stellungnahme in Auswertung dieser Befunde nun nur einen GdB von 40 für angemessen. Der Kläger legte einen Arztbrief des Dr. S. vom April 1988 vor. Dr. S. bescheinigte dem Kläger eine leichte Aorteninsuffizienz wegen einer Leckage über der Prothese und hielt weiter einen GdB von 50 für zutreffend. Nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme bei Dr. W. änderte das Versorgungsamt Koblenz mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.8.1988 den früheren Bescheid ab, stellte nur noch einen GdB von 30 fest und bezeichnete die Behinderungen neu als „Herzklappenersatz, Restinsuffizienz der mit Ersatz behandelten Hauptschlagaderklappe”. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.11.1988).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Koblenz Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei Prof. Dr. L.. Chefarzt der Abteilung Innere Medizin II des S. krankenhauses N., und dem Stationsarzt Dr. G..
Die Gutachter haben den Kläger stationär im April 1989 untersucht und in ihrem Gutachten ausgeführt, gegenüber den Voruntersuchungen im Jahr 1988 zeige sich beim Kläger eine deutliche Zunahme der linksventrikulären Dilatation, die auf eine wahrscheinliche Leckage über der Kunstklappe zurückgehe. Auch wenn gegenwärtig keine Zeichen einer kardialen Insuffizienz festzustellen seien, habe sich das Beschwerdebild eher verschlechtert und die Prognose sei schlecht, so daß ggf eine erneute Reoperation notwendig werde. Von einer Besserung könne nicht ausgegangen werden, auch wenn der Kläger im Belastungs-EKG 120 Watt erreiche. Dies entspreche noch nicht einmal dem unteren alters- und geschlechtsbezogenen Sollwert von 180 Watt. Daher bleibe der GdB nach wie vor bestehen und sei nunmehr mit 60 anzusetzen.
Hierzu hat der Beklagte eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. K. vorgelegt. Dieser Arzt hat ausgeführt, aufgrund der von Prof. Dr. L. erhobenen Befunde des Belastungs-EKG des Klägers, bei welchem der Kläger drei Minuten unter 80 Watt belastet worden sei, ohne daß Hinweise für eine koronare Ischämie oder Herzrhythmusstörungen aufgetreten seien, komme kein höherer GdB als 30 in Betracht.
Mit Urteil vom 15.9.1989 hat das Sozialgericht Koblenz die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, aufgrund der von Prof. Dr. L. erhobenen EKG-Werte sei an sich kein GdB zu begründen. Jedoch sei zu berücksichtigen, daß die Herzoperationen des Klägers wegen des Lecks nur eingeschränkt erfolgreich seien. Die Leckage an der Kunstklappe führe zu einem Rückfluß beim Blutumlauf. Als Folge der vermehrten Pumparbeit des Herzens komme es zu einer Erweiterung der Herzkammer, so daß bei stärkeren körperlichen Belastungen des Klägers die links ventrikuläre Dilatation zunehme. Deshalb müsse der Kläger mittelschwere oder schwere körperliche Arbeiten vermeiden. Das im Belastungs-EKG festgestellte Leistungsvermögen des Klägers sei damit nicht maßgeblich, da der Kläger dieses nicht ausschöpfen dürfe, um eine Zunahme der Herzerkrankung zu vermeiden.
Am 5.10.1989 hat der Beklagte Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt.
Der Beklagte trägt vor,
die Erwägungen des Sozialgerichts stimmten nicht mit den maßgeblichen Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem SchwbG (Anhaltspunkte) überein. Danach seien bei der Beurteilung des GdB Gesundheitsstörungen nicht zu berücksichtigen, die erst in der Zukunft zu erwarten seien.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 15.9.1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantr...