Leitsatz (amtlich)
Wird ein Versicherter, der bisher aufgrund einer seinem Arbeitgeber vorgelegten Mitgliedsbescheinigung nur Mitglied einer Ersatzkasse war und dort nach Wegfall seiner Versicherungspflicht als freiwilliges Mitglied weitergeführt worden ist, wieder versicherungspflichtig, bedarf es zur Befreiung von der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse keiner erneuten Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung, sofern es sich um ein fortlaufendes Beschäftigungsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber handelt.
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 04.05.1979; Aktenzeichen S 9 K 38/78) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 4. Mai 1979 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) die ihnen im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten; im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu ersetzen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Beigeladene zu 1) ist seit 1970 bei der Klägerin als Angestellter beschäftigt. Da er schon zuvor Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 2) war, legte er der Klägerin eine Bescheinigung nach § 517 der Reichsversicherungsordnung (RVO) vor. Wegen Überschreitung der Arbeitsverdienstgrenze führte die Beigeladene zu 2) die Versicherung ab 1. Januar 1971 als freiwillige Versicherung weiter. Mit einem Monatsgehalt von 2.110,– DM wurde der Beigeladene zu 1) ab 1. Januar 1976 infolge Anhebung der Arbeitsverdienstgrenze von monatlich 2.100,– DM auf 2.325,– DM wieder versicherungspflichtig. Die Arbeitgeberanteile der Beiträge zur Krankenversicherung zahlte die Klägerin jedoch weiterhin an den Beigeladenen zu 1), der nach wie vor die gesamten Krankenversicherungsbeiträge an die Beigeladene zu 2) entrichtete. Die Beiträge zur Angestelltenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung führte die Klägerin dagegen seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses ordnungsgemäß an die Beklagte ab.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 1977 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß der Beigeladene zu 1) ab 1. Januar 1976 bei ihr pflichtversichert sei und forderte die Nachzahlung der vom 1. Januar 1976 bis 31. Oktober 1977 aufgelaufenen Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 5.848,92 DM. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese geltend machte, daß der Beigeladene zu 1) sich durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung schon 1970 für die Pflichtversicherung bei der Beigeladenen zu 2) entschieden habe und es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen könne, einen Arbeitgeber durch die Zahlung von Beiträgen an zwei Krankenkassen doppelt zu belasten, wies die Beklagte durch Bescheid vom 13. April 1978 zurück. Sie vertrat die Ansicht, der Beigeladene zu 1) sei unbeschadet seiner Versicherung bei der Beigeladenen zu 2) ab 1. Januar 1976 ihr Pflichtmitglied geworden, weil er keinen neuen Befreiungsantrag gestellt habe; daß dadurch eine Doppelversicherung entstanden sei, widerspreche nicht der gesetzlichen Regelung.
Im Klageverfahren trug die Klägerin vor, die Beklagte sei durch die Abführung der Beiträge zur Angestelltenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung genau unterrichtet gewesen, welches Entgelt der Beigeladene zu 1) erhalte und habe daher ohne weiteres feststellen können, ab wann er wieder versicherungspflichtig geworden sei. Es sei ihre Pflicht gewesen, sie, die Klägerin, entsprechend zu beraten, um dadurch das Entstehen einer Doppelversicherung zu vermeiden. Im Übrigen habe die Beklagte im April 1976 eine Betriebsprüfung durchgeführt, ohne zu beanstanden, daß für den Beigeladenen zu 1) an sie keine Krankenversicherungsbeiträge abgeführt worden seien.
Das Sozialgericht Speyer (SG) hat durch Urteil vom 4. Mai 1979 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und im wesentlichen ausgeführt: Als das Bruttoarbeitsverdienst des Beigeladenen zu 1) ab dem 1. Januar 1976 die Verdienstgrenze überschritten habe, sei keine Doppelversicherung entstanden; denn die im Jahrs 1970 erfolgte Befreiung des Beigeladenen zu 1) von der Versicherungspflicht bei der Beklagten habe zu diesem Zeitpunkt noch fortgewirkt und ihre Gültigkeit behalten. Dies ergebe sich einmal aus dem Sinn und Zweck des § 517 RVO, zum anderen aber auch aus § 518 RVO. Die dort genannten Fälle erfaßten nicht den Sachverhalt, in dem bei Fortdauer eines bestehenden und weiter fortgeführten Beschäftigungsverhältnisses nach vorher erfolgter Befreiung der Arbeitsverdienst die Verdienstgrenze – erneut – unterschreite. Richtig sei zwar, daß nach dem Gesetz in besonders gelagerten Fällen eine Doppelversicherung sogar gegen den Willen des Versicherungspflichtigen eintreten könne. Dies treffe jedoch nur dort zu, wo ein Arbeitnehmer eine neue Beschäftigung aufgenommen, seinem neuen Arbeitgeber die Zugehörigkeit zur Ersatzkasse nicht gemeldet und diesen daher zur Anmeldung bei der Pflichtkasse veranlaßt habe. Von diesen Fällen abgesehen wäre es ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verpflichten, Krankenversicherungs...