Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 13.02.1995; Aktenzeichen S 7 Ar 176/93) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 13.2.1995 sowie der Bescheid der Beklagten vom 30.3.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.7.1993 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Sonderpädagogische Zusatzausbildung in den Jahren 1992/1993 Lehrgangsgebühren gemäß § 12 Abs. 1 AFuU sowie Fahrkosten gemäß § 14 AFuU im Rahmen der zweckmäßigen Förderung zu erstatten.
2. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Teilnahme der Klägerin an einer Sonderpädagogischen Zusatzausbildung für Gruppenleiter in Werkstätten für Behinderte (WfB) zu fördern.
Die 1959 geborene Klägerin, die gelernte Zahnarzthelferin ist, war seit 1.9.1990 in der WfB M. GmbH beschäftigt. Zunächst war sie Gruppenhelferin und ab 1.7.1991 Gruppenleiterin. Vom 7.9.1992 bis 26.11.1993 absolvierte sie in den W.-Werkstätten G. eine Sonderpädagogische Zusatzausbildung für Gruppenleiter in WfB. Während dieser Zeit war sie bei vollem Lohnausgleich von ihrem Dienst freigestellt. Die WfB M. GmbH zahlte der Klägerin außerdem die Lehrgangsgebühren sowie Fahrkosten in voller Höhe als Vorschuß.
Vor Beginn der Bildungsmaßnahme hatte die Klägerin am 11.5.1992 bei der Beklagten die Förderung der Maßnahme beantragt. Durch Bescheid vom 30.3.1993 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, weil die Teilnahme der Klägerin an der Maßnahme im überwiegenden Interesse ihrer Arbeitgeberin liege und daher gemäß § 43 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) i.V.m. § 9 der Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) nicht förderungsfähig sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 14.7.1993 zurückgewiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage durch Urteil vom 13.2.1995 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Teilnahme an der Maßnahme sei nicht förderungsfähig. Denn sie liege überwiegend im Interesse des Beschäftigungsbetriebes, weil die WfB den Nachweis der Qualifikation der dort beschäftigten Gruppenleiter erbringen müsse. Ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Teilnahme der Klägerin sei nicht gegeben.
Gegen dieses ihr am 7.6.1995 zugestellte Urteil richtet sich die am 6.7.1995 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung der Beklagten sei ihr Förderungsanspruch begründet, weil ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Teilnahme an der durchgeführten Maßnahme zu bejahen sei. Insoweit stütze sie sich auf die neuere Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.1.1997, Az 7 RAr 36/96). Geeignete Fachkräfte für eine Tätigkeit in WfB hätten im hier entscheidungserheblichen Zeitraum (1992/1993) nicht zur Verfügung gestanden. Eine Förderung als notwendige Bildungsmaßnahme werde nicht begehrt. Ein Anspruch auf Förderung als zweckmäßige Maßnahme könne jedoch nicht verneint werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Mainz vom 13.2.1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.3.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.7.1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Teilnahme an dem Sonderpädagogischen Lehrgang für Gruppenleiter in WfB Leistungen zu gewähren und zwar Lehrgangsgebühren und Fahrkostenersatz im Rahmen der zweckmäßigen Förderung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Ob im Zeitraum 1992/1993 ein Mangel an Fachkräften hinsichtlich Gruppenleitern in WfB bestanden habe, könne rückblickend nicht mehr beantwortet werden. Die Zusatzqualifikation der Sonderpädagogischen Zusatzausbildung sei in ihrer Arbeitsmarktstatistik, die nach allgemeinen berufsbezogenen Kriterien aufgebaut sei, nicht gesondert erfaßt. Der Auffassung des BSG (Urt v 23.1.1997, a.a.O.), wonach es sich bei der Tätigkeit eines Behinderten in einer WfB um eine Arbeit i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFuU handele, könne nicht gefolgt werden. Im Gegensatz zur Ansicht des BSG seien hierunter nur reguläre Arbeitsverhältnisse auf dem ersten Arbeitsmarkt zu verstehen. Es gehe zu weit, die Schutzbedürftigkeit von Behinderten und deren Eingliederung in das Arbeitsleben als Vorwand dafür zu nehmen, daß sich ein Arbeitgeber von seiner gesetzlich verankerten Verpflichtung, nur ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu beschäftigen, befreien könne.
Der Senat hat eine in einem anderen Rechtsstreit eingeholte Auskunft der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für Behinderte Rheinland-Pfalz eV vom 29.1.1998 zu den Akten genommen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozeßakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässi...