Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachlich-rechnerische Richtigstellung postoperativer vertragsärztlicher Leistungen durch die Kassenärztliche Vereinigung
Orientierungssatz
1. Nach § 106a SGB 5 i. V. m. § 45 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 S. 1 EKV-Ä obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich deren sachlich-rechnerischer Richtigkeit. Für die Auslegung der vertragsärztlichen Vergütungsbestimmungen ist in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich.
2. Nach der Rechtsprechung des BSG ist der EBM-Ä nach dem Wortlaut, zur Klarstellung des Wortlauts aber auch systematisch auszulegen (BSG Urteil vom 02. April 2003, B 6 KA 28/02 R). Nach dem Gesamtzusammenhang der in der Präambel 31.4.1 EBM-Ä getroffenen Bestimmungen ist auch bei mehreren ambulanten Eingriffen durchgehend von der Durchführung nur eines ambulanten Eingriffs auszugehen. Damit ist auch bei mehreren Eingriffen bei einem Patienten die Abrechnung nur eines postoperativen Behandlungskomplexes erlaubt.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 13.09.2017 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren über die sachlich-rechnerische Richtigstellung postoperativer Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 31719 und 31725 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM Ä) nach ambulanten Operationen, die innerhalb der ersten 21 Tage nach einer zuvor erfolgten ersten ambulanten Operation (mit Ansatz eines postoperativen Behandlungskomplexes) erfolgten; streitig ist ein Betrag von 226,68 EUR.
Die Klägerin, eine aus den Augenärzten Dr. A S und C S bestehende Berufsausübungsgemeinschaft, nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt im Bezirk der Beklagten teil. Mit Bescheiden vom 06.11.2012 und 22.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2014 nahm die Beklagte u.a. folgende Streichungen im Rahmen sachlich-rechnerischer Korrektur der Honorarabrechnung für das Quartal 3/2012 vor:
(1) Streichung der GOP 31351, 31503 und 91330 EBM-Ä im Fall des Patienten R K , da ein Abrechnungsausschluss nach Nr 8 der Präambel zum Abschnitt 31.2 bestehe,
(2) Streichung der GOP 31719
im Fall des Patienten K J , da die Leistung ausschließlich vom 1. bis 21. Tag nach erfolgter Operation berechnungsfähig sei,
im Fall der Patienten H D , M F k, R K , D Q und I B , da in einem Zeitraum vom 1. bis zum 21. postoperativen Tag nur einmalig ein Behandlungskomplex des Abschnitts 31.4 abgerechnet werden könne,
(3) Streichung der GOP 31725 im Fall der Patientin M S , M S und G H , da in einem Zeitraum vom 1. bis zum 21. postoperativen Tag nur einmalig ein Behandlungskomplex des Abschnitts 31.4 abgerechnet werden könne,
(4) Streichung der GOP 33000 im Fall der Patientin M L , da ein Abrechnungsausschluss nach Nr 8 der Präambel zum Abschnitt 31.2 bestehe.
Am 27.05.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mainz (SG) erhoben und zur Begründung geltend gemacht: im Fall des Patienten R K seien Kataraktoperationen am rechten Auge am 02.07.2012 und am linken Auge am 04.07.2012 wegen dessen Herzerkrankung und Marcumar-Einnahme aus medizinischen Gründen kurz hintereinander erfolgt, weshalb der Abrechnungsausschluss nach Nr 8 der Präambel 31.2.2 nicht eingreife. In den weiteren Behandlungsfällen seien jeweils nicht nur eine, sondern zwei Operationen an verschiedenen Tagen durchgeführt worden. Die zweite Operation habe jeweils im Zeitraum von 21 Tagen nach der ersten Operation gelegen, der Ansatz der gestrichenen GOP 31719 bzw 31725 habe sich jeweils auf die zweite Operation bezogen. Hierauf sei der Ausschluss auf Grund der Bestimmung nach Nr 2 der Präambel 31.04.1 nach Sinn, Zweck und Systematik der Regelung nicht anwendbar. Die Leistungslegenden der GOP 31600 EBM Ä bezögen sich jeweils auf eine spezifische Operation. Im Fall von zwei aufeinander folgenden Operationen, bei denen es sich zudem nicht um Revisionsoperationen handele, falle die postoperative Nachsorge bei jeder Operation gesondert an. Im Fall der Patientin M L sei eine Netzhautkontrolle vor der Laseroperation unbedingt notwendig gewesen, um eine Netzhautablösung auszuschließen. In diesem Fall sei bei systematischer und teleologischer Auslegung der Nr 8 der Präambel 31.2.1 eine gesonderte Abrechnung möglich.
Die Beklagte hat eingewandt, im Fall des Patienten R K habe es die Klägerin versäumt, in ihrer Abrechnung die entsprechenden Diagnosen und Kodes einzugeben, die im Ausnahmefall die Abrechnung einer zweiten Operation innerhalb von drei Tagen ermöglichten. Die Streichungen der GOP 31719 und 31725 entsprächen den Vorgaben des EBM Ä. Bei zeitnah erbrachten Mehrfacheingriffen könne innerhalb der Laufzeit der postoperativen Komplexe von 21 Tagen nur ein Komplex ambulant behandelt werden. Reiche die Nachbetreuung über die 21-Tage-Frist des Ersteingrif...