Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung. konkludentes Verhalten. Form und Inhalt der Bewerbung
Leitsatz (amtlich)
1. In vielen Branchen und Berufszweigen müssen Bewerbungsschreiben üblicherweise bestimmte formale Mindestkriterien erfüllen, um von einem potenziellen Arbeitgeber überhaupt in den Kreis der möglichen Stellenanwärter einbezogen zu werden. Dies gilt jedoch nicht pauschal.
2. Die Anforderungen an Form und Inhalt eines Bewerbungsschreibens hängen von der in Betracht kommenden Stelle ab.
Orientierungssatz
Eine handschriftliche Bewerbung (hier auf die Stelle eines Buchdruckers), die höflich, sachlich sowie fast fehlerfrei formuliert ist, alle für den Arbeitgeber wichtigen Informationen (Ausbildung, beruflicher Werdegang) enthält und deren Inhalt oder Form nicht abschreckend oder widersprüchlich ist, kann nicht mit einer Nichtbewerbung bzw Arbeitsablehnung gleichgestellt werden. Dies gilt auch, wenn ein Arbeitgeber das Bewerbungsschreiben als unbrauchbar beurteilt hat.
Tenor
1. Das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 20.2.2003 - S 3 AL 311/01 - und der Bescheid der Beklagten vom 14.5.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.7.2001, abgeändert durch den Bescheid vom 18.7.2002, werden aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit.
Der 1953 geborene Kläger ist gelernter Drucker. Vom 1.11.1986 bis 30.6.1995 war er bei der Firma D. GmbH in W. in seinem erlernten Beruf beschäftigt. Seit dem 1.7.1995 ist er arbeitslos und steht bei der Beklagten im laufenden Leistungsbezug. Mit Bescheid vom 11.4.2001 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 18.4.2001 bis 17.4.2002 in Höhe von 379,19 DM wöchentlich. Bis 8.5.2001 zahlte sie Leistungen aus. Die Beklagte bot dem Kläger am 12.4.2001 u.a. eine Beschäftigung als Buchdrucker bei der Firma P. GmbH an. Das vom Kläger am 14.4.2001 erhaltene Angebot ist nicht aktenkundig. Der Kläger bewarb sich unverzüglich schriftlich bei der Firma P. GmbH. Das Bewerbungsschreiben ist auf einem beidseitig beschriebenen DIN A5 Blatt handschriftlich verfasst und hat folgenden Inhalt:
"Bewerbung als Drucker"
Sehr geehrter Herr X.,
auf Grund eines Vorschlages meines Arbeitsvermittlers möchte ich mich als Drucker bewerben.
Kurz zu meiner Person:
von Beruf bin ich Buchdrucker. Diesen besagten Beruf erlernte ich von 1969 bis 1972 in der Firma N. in W. Ich beendete die Lehre mit Erfolg. Bis 1973 arbeitete ich noch bei der Firma N. als Buchdrucker, aus finanziellen Gründen wechselte ich danach in die Chemiebranche, wo ich eine innerbetriebliche Ausbildung zum Chemiefacharbeiter machte. Am 1.11.1986 begann ich bei der Firma A. ein Arbeitsverhältnis als Buchdrucker, dass am 30.6.1995 endete.
Da ich zur Zeit arbeitslos bin, könnte ich bei Ihnen anfangen.
Auf eine baldige Antwort hoffend, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen X.
Am 25.4.2001 meldete sich der zuständige Personalchef der Firma P. GmbH bei der Beklagten telefonisch und teilte dieser sinngemäß mit, dass die Bewerbung des Klägers unbrauchbar sei. Mit Bescheid vom 14.5.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.7.2001 stellte die Beklagte daraufhin eine Sperrzeit vom 9.5.2001 bis 31.7.2001 fest, weil der Kläger trotz Belehrung über die Rechtsfolgen das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma P. GmbH vereitelt habe. Auf einen entsprechenden Vereitelungswillen lasse die Form seiner Bewerbung schließen. Zudem hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alhi wegen der festgesetzten Sperrzeit gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 330 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) für die Dauer der Sperrzeit auf.
Mit Änderungsbescheid vom 18.7.2002 hat die Beklagte ihre Entscheidung geändert und nun eine Sperrzeit vom 18.4.2001 bis 10.7.2001 verfügt. Die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi hat sie mit diesem Bescheid nicht (teilweise) aufgehoben.
Das Sozialgericht Mainz (SG) hat mit Urteil vom 20.2.2003 die Klage abgewiesen und ebenfalls ausgeführt, der Kläger habe durch sein vorsätzliches, konkludentes Verhalten das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert und dadurch den Sperrzeittatbestand verwirklicht. Das Verhalten des Klägers zeige eindeutig, dass er nicht bereit gewesen sei, die ihm angebotene Arbeit anzunehmen.
Gegen das ihm am 3.4.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.4.2003 Berufung eingelegt.
Er trägt im Wesentlichen vor:
Er sei seiner Verpflichtung, sich umgehend mit der Firma P. GmbH in Verbindung zu setzen, nachgekommen. Aus der handschriftlichen Bewerbung dürften ihm keine Nachteile entstehen. Während seiner gesamten Arbeitslosigkeit habe er sich bei den ihm vorgeschlagenen Arbeitgebern zunächst immer telefonisch beworben und einen Vorstellungstermin vereinbart bzw. nachgefragt, ob die angebotene Stelle überhaupt noch frei sei. Schr...