Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 08.12.1980; Aktenzeichen S 7 Ar 128/79) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 8. Dezember 1980 abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der zugelassenen Berufung begehrt der Kläger weiterhin höheres Unterhaltsgeld (Uhg) gemäß § 44 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) für seine Fortbildung zum staatlich geprüften Techniker in der Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 12. Juni 1981 an der Fachschule für Technik B. ….
Der 1940 geborene Kläger ist gelernter Dreher (Facharbeiterbrief vom 16. März 1959). Bei seinem letzten Arbeitgeber arbeitete er vom 17. Februar 1970 bis 31. Oktober 1971 als Dreher und Schlosser, anschließend bis 2. Januar 1972 als technischer Angestellter und ab 3. Januar 1972 als Werkmeister. In einem 1979 im Anschluß an eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Änderungskündigung geführten Arbeitsgerichtsverfahren – 6 Ca 178/79 des Arbeitsgerichts Mainz, Zweigstelle Bad Kreuznach, – einigten sich die Parteien vergleichsweise dahin, daß der Kläger weiterhin mit einem Bruttogehalt von 2.300,– DM bei einer Wochenarbeitszeit bis zu 45 Stunden im Angestelltenverhältnis verbleiben und für die 9 Stunden täglich übersteigende Arbeitszeit eine Mehrarbeitsvergütung erhalten sollte. Dem Arbeitgeber wurde jedoch die Möglichkeit eingeräumt, die Verantwortung des bisher vom Kläger ausgeübten Tätigkeit beim Kläger allein zu belassen oder auf andere Mitarbeiter anteilmäßig zu übertragen.
Am 23. Mai 1979 wurde der Kläger von seinem Arbeitgeber fristlos entlassen. Das anschließende Kündigungsschutzverfahren endete mit einem Vergleich, nach dem das Arbeitsverhältnis erst zum 30. September 1979 endete. Bis zu diesem Tag erhielt der Kläger sein bisheriges Gehalt und außerdem eine einmalige Abfindung von 9.000,– DM (Vergleich vom 19. November 1979 – 6 Sa 513/79 des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz).
Für die bereits am 16. August 1979 begonnene Fortbildungsmaßnahme bewilligte das Arbeitsamt Bad Kreuznach dem Kläger mit Bescheid vom 27. August 1979 lediglich das niedrigere Uhg (58 v.H.) nach § 44 Abs. 2 a AFG. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Im Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 1979 heißt es dazu, die Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 AFG (Uhg 80 v.H.) lägen nicht vor, weil dem Kläger ohne weiteres in absehbarer Zeit ein Arbeitsplatz als Dreher hätte vermittelt werden können. Die Tatsache, daß der Kläger zuletzt ohne Nachweis einer entsprechenden Qualifikation als Werkmeister gearbeitet habe, rechtfertige kein höheres Uhg.
Mit der Klage hat der Kläger wie schon im Widerspruchsverfahren geltend gemacht, die streitige Fortbildung sei notwendig, um den durch siebenjährige Tätigkeit als Werkmeister erworbenen Lebensstandard zu erhalten. Es könne nicht im Sinne des AFG sein, ihn zu einem sozialen Abstieg zu zwingen, damit er seine Familie einigermaßen als Dreher weiter unterhalten könne. Das Arbeitsamt habe ihm bis zum Beginn der streitigen Maßnahme keine Arbeitsstelle angeboten. Bei seiner Arbeitslosmeldung am 25. Mai 1979 sei im Hinblick auf eine ab 10. Juni 1979 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bewilligte Kurmaßnahme kein Vermittlungsversuch mehr unternommen worden. Nach Beendigung der Kur habe das Arbeitsamt ihn aufgefordert, den Ausgang des Kündigungsschutzverfahren abzuwarten, da er nicht arbeitslos sei, wenn das in erster Instanz ergangene obsiegende Urteil rechtskräftig werde. Im übrigen habe es ihm nahe gelegt, zuerst einmal die Technikerprüfung abzulegen, wenn er wieder eine Stelle als Werkmeister finden wolle. Dabei habe man ihm auch gesagt, daß er sich nicht mit dem geringeren Uhg begnügen müsse, wenn er nachweisen könne, daß er tatsächlich 8 Jahre als Werkmeister gearbeitet habe.
Das Sozialgericht Mainz hat nach Vernehmung des Zeugen K., Vermittler beim Arbeitsamt Bad Kreuznach, die Beklagte mit Urteil vom 8. Dezember 1980 unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger höheres Uhg nach § 44 Abs. 2 AFG zu gewähren. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen dieses dem Arbeitsamt Bad Kreuznach am 26. Januar 1981 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 24. Februar 1981. Sie trägt vor, dem Kläger stehe nur das niedrigere Uhg nach § 44 Abs. 2 a AFG zu, weil seine Förderung nur zweckmäßig aber nicht notwendig im Sinne des § 44 Abs. 2 AFG sei. Das Sozialgericht stütze seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf die zu § 103 AFG von ihrem Verwaltungsrat erlassene Zumutbarkeitsanordnung (A-Zum) vom 3. Oktober 1979. Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer Maßnahme im Sinne des § 44 Abs. 2 AFG komme es auf die Frage der Zumutbarkeit nach § 103 i.V.m. § 3 A-Zum nicht an. Bei der Neufassung des § 44 AFG und des § 10 der Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) sei nicht beabsichtigt gewesen, ...