Leitsatz (amtlich)

1. Die Zuständigkeit anderer Stellen zur Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen schließt die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers, ebenfalls Rehabilitationsleistungen zu erbringen, grundsätzlich nicht aus.

2. Hat ein kriegsbeschädigter Versicherter von der Versorgungsverwaltung einen Kraftfahrzeugzuschuß erhalten, so kann der Rentenversicherungsträger seine Zuständigkeit deswegen nicht verneinen, sondern muß über einen Antrag des Versicherten, ihm einen Kraftfahrzeugzuschuß zu gewähren, sachlich entscheiden.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 28.05.1975; Aktenzeichen S 3 A 12/75)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28. Mai 1975 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat auch die dem Kläger im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte für die Gewährung eines Zuschusses zu den Anschaffungskosten eines Pkw zuständig Ist oder nicht.

Der am … 1922 geborene Kläger ist der Leiter der Rechtsabteilung der Firma H. Aktiengesellschaft in R.. Er hat eine mit einer MdE von 25 % anerkannte Kriegsbeschädigung am rechten Fuß (Versteifung der rechten Großzehe im Grundgelenk mit Fehlstellung und Bewegungseinschränkung im Endgelenk sowie Bewegungseinschränkung der Zehen zwei bis fünf rechts, Fußnarbe rechts). Seit April 1975 ist er als Schwerbehinderter nach dem Schwerbehindertengesetz mit einer MdE von 60 % anerkannt.

Im Juli 1974 kaufte der Kläger sich einen gebrauchten Pkw (Erstzulassung am 8. Februar 1973) für 7.950,– DM. Im September 1974 beantragte er bei der Beklagten, ihm einen Zuschuß zu den Anschaffungskosten zu gewähren, weil der zwei Kilometer lange Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte für ihn wegen seiner Fußverletzung zu beschwerlich und ein öffentliches Verkehrsmittel nicht vorhanden sei. Die Beklagte lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 29. Oktober 1974 mit dem Hinweis auf § 13 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) ab, sie sei für die geltend gemachte Leistung nicht zuständig. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 1975 zurück mit der Begründung, der Kläger gehöre zu dem Personenkreis, der nach § 26 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Verbindung mit § 13 Abs. 4 der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge vom 27. August 1965 (BGBl. I S. 1032) eine Hilfe beanspruchen könne; deshalb sei die Beklagte für die Gewährung des geltend gemachten Kostenzuschusses unzuständig.

Mit der am 14. Januar 1975 zum Sozialgericht Koblenz erhobenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt. Er hat die Ansicht vertreten, die Rechtsauffassung der Beklagten sei unzutreffend. Der Kläger hat dazu im einzelnen Rechtsausführungen gemacht.

Die Beklagte hat an ihrer Begründung festgehalten, sie sei nach § 13 Abs. 3 AVG unzuständig, weil für die begehrte Kraftfahrzeughilfe allein die Versorgungsverwaltung in Betracht komme.

Die Versorgungsverwaltung hatte es abgelehnt, dem Kläger einen Zuschuß zu den Kosten seines Pkw zu gewähren.

Durch Urteil vom 28. Mai 1975 hat das Sozialgericht Koblenz den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Antrag des Klägers vom 20. September 1974 sachlich zu entscheiden. In den Entscheidungsgründen hat es dazu im wesentlichen ausgeführt: Die ablehnende Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe den Antrag des Klägers nicht ohne sachliche Prüfung ablehnen dürfen. Die Regelung in § 13 Abs. 3 AVG sage lediglich, daß die Verpflichtung und Zuständigkeit anderer Stellen unberührt bleibe. Damit werde jedoch keine ausschließliche Zuständigkeit anderer Stellen begründet. Die Beklagte sei jedenfalls dann stets verpflichtet, über das Begehren sachlich zu entscheiden, wenn – wie hier – eine andere Stelle ihre Leistungspflicht verneint habe.

Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Das Urteil ist der Beklagten am 14. Juli 1975 zugestellt worden. Am 8. August 1975 hat sie die Berufung eingelegt.

Die Beklagte führt aus: Daß für die vom Kläger begehrte Leistung nicht sie, sondern die Versorgungsverwaltung allein zuständig sei, ergebe sich aus § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Rehabilitationsangleichungsgesetz und §§ 1,26 BVG. Nach dem Grundsatz der einheitlichen Trägerschaft in § 5 Abs. 2 Rehabilitationsangleichungsgesetz habe jeder Rehabilitationsträger im Rahmen seiner Zuständigkeit die nach Lage des Einzelfalles erforderlichen Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Leistungen eines anderen Trägers nicht mehr erforderlich würden. Die Leistungsverweigerung der für den Anspruch des Klägers zuständigen Versorgungsverwaltung könne sie nicht verpflichten, statt dieser Stelle eigene Leistungen zu erbringen. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers, die dem Rehabilitationsangleichungsgesetz widersprechenden Beg...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge