Verfahrensgang

SG Trier (Urteil vom 11.07.1988; Aktenzeichen S 4 U 44/85)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 11.7.1988 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Unfall des Klägers vom 2.12.1983, bei dem er sich schwere Verletzungen – u.a. eine Querschnittslähmung – zugezogen hat, ein versicherter Wegeunfall war.

Der 1964 geborene Kläger war als Matrose auf dem Fährschiff der Deutschen Bundesbahn „T.-H.” beschäftigt. Die Dienststelle befand sich in P./Schleswig-Holstein. Am 2.12.1983 nahm er an einer Personalversammlung in B. auf der Insel F. teil, die um 17.52 Uhr endete. Nach seinen Angaben führte er noch bis ca 18.30 Uhr/18.35 Uhr ein Gespräch und verließ dann die Tagungsstätte in Richtung P., um dort in einer Bank Geld abzuholen und sich dann in sein Nachtquartier im Hotel „S.” zu begeben. Auf Diesem Weg von B. nach P. kam er mit seinem Fahrzeug – Pkw – in einer Linkskurve nach rechts von der Fahrbahn ab, stieß an einen Baum, überschlug sich und schleuderte auf einen Acker. In den Unterlagen der Polizei Station P. wurde festgehalten, beim Kläger sei ein Alkoholgeruch in der Atemluft festgestellt worden. Außerdem wurde vermerkt, auf der Fahrbahn habe sich ein schwacher Schmierfilm infolge Luftfeuchtigkeit befunden, der jedoch keine Fahrbahnglätte verursacht habe.

Der Kläger wurde vom Notarzt am Unfallort erstversorgt und dann in das Krankenhaus in B. eingeliefert. Wegen akuter Lebensgefahr wurde er noch am gleichen Abend in das Krankenhaus O. verlegt. Die dort um 22.02 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,69 Promille für die Zeit der Blutentnahme; das aus diesem Grund eingeleitete Strafverfahren wurde vom Amtsgericht Oldenburg in Anbetracht der Schwere der Verletzung nach § 153 b Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt.

Durch Bescheid vom 30.1.1985 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, da die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit die allein wesentliche Ursache des Unfalls des Klägers gewesen sei.

Im Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht: Er habe am Unfalltag lediglich mittags ein Glas Wodka-Orange und abends eine Flasche Bier (0,33 l) zu sich genommen. Der Unfall sei darauf zurückzuführen, daß die Fahrbahn im Unfallzeitpunkt infolge von Feuchtigkeit und auf der Fahrbahn liegendem Laub mit einem Schmierfilm überzogen und glatt gewesen sei; außerdem sei der Fahrbahnrand nicht befestigt gewesen. Das Blutprobenergebnis sei dadurch verfälscht worden, daß ihm zwischen dem Unfall und der Blutentnahme Medikamente zugeführt worden seien.

Das Sozialgericht hat Auskünfte des Leitenden Chefarztes des Kreiskrankenhauses O. Dr. M. vom 25.6.1985 sowie des Chefarztes der Chirurgischen Abteilung des Fe. Krankenhauses in B. Dr. S. vom 9.8.1985 über die in der Unfallnacht verabreichten Medikamente eingeholt. Dr. M. hat u.a. mitgeteilt, der Kläger habe bis zur Blutprobenentnahme 60 mg Valium erhalten. Dr. S. hat angegeben, dem Kläger seien im Krankenhaus B. u.a. 20 mg Valium verabreicht worden. Prof. Dr. R./Prof. Dr. W. vom Institut für Rechtsmedizin der Universität M. haben in einem Gutachten vom 21.3.1986 im wesentlichen ausgeführt: Die Originalunterlagen der Krankenhäuser in B. und O. seien eingesehen worden. Es werde davon ausgegangen, daß der Kläger während der Notfallversorgung am Unfallort einschließlich des Krankentransportes zwei Ampullen Valium (a 10 mg) und während des Aufenthalts im Krankenhaus B. 6 Ampullen Valium (a 10 mg) erhalten habe; dies sei das maximal mögliche Quantum. Nach den Unterlagen des Krankenhauses O. müsse unterstellt werden, daß dort kein Valium mehr verabreicht worden sei. Dies ergebe sich aus einem in den Krankenunterlagen des Krankenhauses O. befindlichen Zettel, auf dem handschriftlich 6 Medikamente (u.a. 60 mg Valium) aufgeführt sind und sich außerdem der Vermerk „Krankenhaus B./F.” befindet. Die 80 mg des alkoholhaltigen Valiums hätten den Blutalkoholspiegel des Klägers um maximal 0,03 Promille erhöhen können.

Der Kläger hat hierzu vorgebracht, ihm seien vor der Blutentnahme insgesamt 120 mg Valium zugeführt worden. Er hat eine Auflistung der ihm insgesamt nach seinen Feststellungen und Vermutungen in der Unfallnacht verabreichten Medikamente vorgelegt, wobei er Angaben des Rettungsdienstes O. berücksichtigt hat. Außerdem hat er behauptet, außer in dem Valium hätten sich in den in der Unfallnacht vor der Blutentnahme ihm zugeführten Infusionslösungen von etwa 7.000 ml ebenfalls in geringem Umfang alkoholhaltige Substanzen befunden.

In einem weiteren nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstatteten Gutachten vom 17.8.1987 hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. aus D. dargelegt: Ob eine Beeinflussung des BAK-Wertes infolge von vor der Blutentnahme verwendeten Hautdesinfektionsmitteln in Betracht komme, könne er nicht beurteilen. Der BAK-Wert ...

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