Verfahrensgang

SG Trier (Gerichtsbescheid vom 10.05.2002; Aktenzeichen S 3 Rl 19/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Trier vom 10.5.2002 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Dauer der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei der der Klägerin gewährten Regelaltersrente.

Die im Jahre 1931 geborene Klägerin bezog zunächst Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 6.4.1996 wurde ihr ab 1.6.1996 Regelaltersrente bewilligt. Dabei berücksichtigte die Beklagte für die drei Kinder der Klägerin (geb. am 5.6.1961, 2.4.1963 und 17.3.1969) jeweils ein Jahr Kinderziehungszeiten.

Mit Schreiben vom 6.8.2001 beantragte die Klägerin die Neuberechnung ihrer Rente und die Anerkennung von drei Jahren Kindererziehungszeit für jedes ihrer Kinder. § 249 Abs. 1 SGB VI verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Sie müsse genauso behandelt werden wie die Mütter, die ihre Kinder nach dem 31.12.1991 geboren hätten. Mit Bescheid vom 1.10.2001 lehnte die Beklagte die Neuberechnung der Rente ab. Nach § 249 Abs. 1 SGB VI ende die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind zwölf Monate nach Ablauf des Monats der Geburt. Nur in diesem Umfang könnten Kindererziehungszeiten bei der Rente der Klägerin angerechnet werden.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.1.2002 zurück.

Vor dem Sozialgericht Trier hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und hilfsweise beantragt, das Verfahren auszusetzen und die Sache dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG zur Entscheidung vorzulegen. Mit Gerichtsbescheid vom 10.5.2002 hat das Sozialgericht Trier die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Neuberechnung ihrer Rente gemäß § 44 SGB X und keinen Anspruch auf Anrechnung weiterer Kindererziehungszeiten. Nach § 56 Abs. 1 S 1 SGB VI seien Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Diese Regelung gelte jedoch nur für die ab dem Inkrafttreten des Gesetzes (dem 1.1.1992) geborenen Kinder. Für die vor diesem Zeitpunkt geborenen Kinder sehe das Gesetz in § 249 Abs. 1 SGB VI vor, dass die Kindererziehungszeit zwölf Monate betrage. Der Rechtsstreit sei auch nicht auszusetzen, um die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG vorzulegen, da die Regelung verfassungsgemäß sei. Zwar sei der Gesetzgeber verpflichtet gewesen, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in dem durch Kindererziehung bedingten Nachteil bei der Altersversorgung liege, auszugleichen. Jedoch sei es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, eine Stichtagsregelung einzuführen. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers würde unzulässig beschränkt, wenn es ihm verwehrt wäre, eine derart komplexe Form wie die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei der Altersversorgung in mehreren Stufen zu verwirklichen.

Gegen den ihr am 16.5.2002 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die von der Klägerin am 3.6.2002 eingelegte Berufung.

Die Klägerin wiederholt zur Begründung ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und ihr erstinstanzliches Vorbringen. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18.6.2002 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Trier vom 10.5.2002 und den Bescheid der Beklagten vom 1.10.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.1.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre Altersrente unter Außerachtlassung des § 249 Abs. 1 SGB VI neu zu berechnen,

hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und die Sache dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG zur Entscheidung vorzulegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Senat nimmt in vollem Umfang auf die zutreffende und ausführliche Begründung des angefochtenen Gerichtsbescheids gemäß § 153 SGG Bezug. Er sieht daher von einer detaillierten Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab.

Die Regelung des § 249 SGB VI ist auch im Vergleich mit § 56 Abs. 1 S 1 SGB VI nicht verfassungswidrig. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts ist darauf hinzuweisen, dass auch Art. 6 Abs. 1 GG, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, eine längere Anrechnung von Kindererziehungszeiten für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder nicht gebietet (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.7.1992 in BVerfGE 87, 1 ff, 35). Die Sache ist daher dem Bundesverfassungsgericht nicht vorzulegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht ...

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