nicht-rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenpflege. kassenärztliche Versorgung. Sicherstellung. nichtärztlicher Therapeut. Psychotherapie. psychologische Behandlung
Leitsatz (amtlich)
Nach geltenden Recht besteht keine Möglichkeit, neben Ärzten auch Diplompsychologen selbständig an der Krankenversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung teilnehmen zu lassen.
Dieser Ausschluß ist nicht verfassungswidrig.
Normenkette
RVO § 122 Abs. 1, § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 368 Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 04.11.1980; Aktenzeichen S 9 K 52/80) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 4. November 1980 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten, ihn an Krankenpflegeleistungen nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) teilnehmen zu lassen.
Der Kläger betreibt als freiberuflicher Diplompsychologe in L. eine Praxis für klinische Psychologie und Psychotherapie. Er ist zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz zugelassen. Seinen Antrag auf Zulassung von Krankenpflegeleistungen nach der RVO lehnte der Verband der Ortskrankenkassen in Lahr ab. Im anschließenden Klageverfahren (Sozialgericht Speyer S 9 K 59/78) verpflichtete die Beklagte sich, dem Kläger einen Bescheid über seinen Antrag auf Abschluß eines Vertrages über seine Zulassung als nichtärztlicher Therapeut zu erteilen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 13. Februar 1980 ab. Den Widerspruch legte wie mit Zustimmung des Klägers am 16. April 1980 dem Sozialgericht Speyer als Klage vor.
Durch Urteil vom 4. November 1980 hat das Sozialgericht Speyer die Klage abgewiesen. Der Kläger erbringe Leistungen, die zum Kernbereich ärztlicher Behandlung gehörten. Die ärztliche Versorgung sei aber von den Kassenärztlichen Vereinigungen sicherzustellen. Deshalb habe über die Zulassung des Klägers nicht die Beklagte, sondern die zuständige Kassenärztliche Vereinigung der Pfalz zu entscheiden.
Gegen das mit Einschreiben vom 12. November 1980 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. Dezember 1980 die Berufung eingelegt.
Er stützt sich nach wie vor auf das Rechtsgutachten „Psychologische Behandlung und Krankenkassen” von Professor Dr. Weidner (Asgard-Verlag St. Augustin 1977). Da er kein Arzt sei, komme seine Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung nicht in Betracht. Er sei vielmehr von der Beklagten zuzulassen, weil sie als Krankenkasse verpflichtet sei, eine ausreichende Krankenversorgung sicherzustellen. Diese Sicherstellungspflicht habe sie hier verletzt, weil im psychiatrischen Bereich eine vollständige Versorgung der Bevölkerung durch Ärzte nicht gewährleistet sei. Auf diesem Gebiet habe er als klinischer Psychologe eine gleichwertige Ausbildung und deshalb auch die gleiche Befähigung wie ein Arzt. Daß Psychologen davon ausgeschlossen seien selbständige Krankenpflegeleistungen nach der RVO zu erbringen, verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, die Freiheit der Berufswahl und Berufsausübung sowie das Sozialstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1. 20, 28 GG).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 4. November 1980 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 1980 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankenpflegeleistungen nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO zu gestatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Tatbestände wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der vom Senat beigezogenen Gerichtsakte des vorausgegangenen Rechtsstreits Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, selbständig an der Krankenpflege nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO teilzunehmen. Diese ist nach § 122 Abs. 1 RVO außer in dringenden Fällen allein approbierten Ärzten vorbehalten.
Daß Diplompsychologen im Rahmen der bekannten Psychotherapie Vereinbarung aufgrund ärztlicher Anordnung und damit unselbständig im sogenannten Delegationsverfahren auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse tätig werden dürfen, ist unstreitig. Fraglich ist dagegen, ob Diplompsychologen zu selbständigen Krankenpflegeleistungen nach der RVO berechtigt bzw. zuzulassen sind. Diese Frage ist zu verneinen.
Das Bundessozialgericht hat wiederholt entschieden, daß die selbständige Behandlung durch einen Diplompsychologen, der nicht als Arzt approbiert ist, weder als ärztliche Behandlung nach §§ 122 Abs. 1, 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a RVO noch als Heilmittel nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b RVO angesehen werden kann (Urteile vom 10. Juli 1979 – 3 RK 21/78 – und vom 25. Juli 1979 – 3 RK 45/78 – in SozR 2200 § 1...