Leitsatz (amtlich)
Die während des Kriegsdienstes (Ersatzzeit) geleisteten freiwilligen Versicherungsbeiträge sind auch dann neben der Ersatzzeit nur als Höherversicherungsbeiträge zu berücksichtigen, wenn damit eine Schlechterstellung des Versicherten verbunden ist (im Ergebnis wie BSG, Urteil vom 1970-12-08 11 RA 160/68 = SozR Nr 9 zu Art 2 § 15 ArVNG, jedoch mit abweichender Begründung).
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 17.12.1974; Aktenzeichen S 14 A 119/72) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer, Zweigstelle Mainz, vom 17. Dezember 1974 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei dem Altersruhegeld des Klägers freiwillige Beiträge, die er während einer Ersatzzeit geleistet hat, entgegen der Vorschrift des Artikel 2 § 15 Abs. 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) unter Verzicht auf die Anrechnung der Ersatzzeit nicht als Höherversicherungsbeiträge, sondern als freiwillige Beiträge anzurechnen sind oder nicht.
Der Kläger leistete als selbständiger Unternehmer ab Januar 1939 freiwillige Angestelltenversicherungsbeiträge (Selbstversicherung). Von Januar 1939 bis Mai 1940 entrichtete er fünfzehn Beiträge der Klasse 6 und zuletzt zwei Beiträge der Klasse 8. Vom 10. Juni 1940 bis zum 3. Mai 1945 war der Kläger im Krieg. Er zahlte auch für diese Zeit freiwillige Angestelltenversicherungsbeiträge in den Klassen 6, 7, 8 und 10. Er setzte die freiwillige Versicherung nach dem Kriege zeitweise in geringeren Beitragsklassen fort. Durch Bescheid vom 28. August 1972 gewährte die Beklagte dem Kläger das Altersruhegeld ab 1. Oktober 1972. Dabei rechnete sie die Kriegsdienstzeit als Ersatzzeit und daneben die in dieser Zeit geleisteten freiwilligen Beiträge nach Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG als Beiträge der Höherversicherung an.
Der Kläger hat auf diesen Bescheid hin Klage zum Sozialgericht Speyer, Zweigstelle Mainz, erhoben und geltend gemacht, bei Berechnung allein der während der Kriegsdienstzeit geleisteten freiwilligen Beiträge ohne Anrechnung der Ersatzzeit sei sein Altersruhegeld höher; er verzichte auf die Ersatzzeiten und begehre die sich nur bei Berücksichtigung der freiwilligen Beiträge ergebende höhere Rente.
Durch Urteil vom 17. Dezember 1974 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In der Begründung heißt es im wesentlichen: Auch im Falle des Klägers mußten die während der Kriegsdienstzeit geleisteten freiwilligen Beiträge nach Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG lediglich als Beiträge der Höherversicherung berücksichtigt werden. Das Gesetz lasse es nicht zu, daß ein Versicherter auf eine Ersatzzeit verzichte und dann die Anrechnung seiner freiwilligen Beiträge wie Pflichtbeiträge verlangen könne Kein Versicherter dürfe sich die Berechnugsfaktoren für seine Rente aussuchen. Der Kläger sei somit der Regelung in Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG unterworfen. Diese Vorschrift führe im allgemeinen zu einer Besserstellung der Versicherten, weil Versichert während Ersatzzeiten meistens gar keine oder geringere bis allenfalls gleichhohe Beiträge wie vor dieser Zeit leisteten. Eine höhere Beitragsleistung während der Ersatzzeit als vorher, was dann bei Anwendung des Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG zu einer Schlechterstellung führe, sei nur als Ausnahme anzusehen. Diese Benachteiligung in Einzelfällen habe der Gesetzgeber in Kauf genommen. Andernfalls hätte er eine Vergleichsberechnung einführen müssen. Eine solche Vergleichsberechnung würde jedoch einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand erfordern. Die Vorschrift lasse keine Auslegung im Sinne des Klägers zu. Sie verstoße weder gegen sozialversicherungsrechtliche noch gegen verfassungsrechtliche Grundsätze.
Das Urteil ist dem Kläger am 8. Februar 1975 zugestellt worden. Am 3. März 1975 hat er die Berufung eingelegt.
Der Kläger wiederholt sein bisheriges Vorbringen und führt zusätzlich aus, in seinem Falle verstoße Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG insbesondere gegen Art. 14 Grundgesetz (GG).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer, Zweigstelle Mainz, vom 17. Dezember 1974 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 28. August 1972 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, bei dem Altersruhegeld ihm die für die Kriegsdienstzeit vom 10. Juni 1940 bis zum 3. Mai 1945 geleisteten Beiträge nicht als Beiträge der Höherversicherung, sondern als freiwillige Beiträge ohne Anrechnung der Ersatzzeit zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten der Sachdarstellung wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf ein höheres Altersruhegeld. Die Beklagte hat zu Recht nach Art. 2 § 15 Abs. 2 AnVNG die Kriegsdienstzeit des Klägers als Ersatzzeit und die während dieser Zeit...