Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 02.10.1997; Aktenzeichen S 5 Ar 393/95) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 2.10.1997 abgeändert.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 27.3.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.5.1995 wird aufgehoben, soweit darin die Arbeitslosengeldbewilligung für den Zeitraum vom 11.12.1994 bis 5.3.1995 aufgehoben wurde.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
5. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides streitig, mit dem die Beklagte die Arbeitslosengeldbewilligung mit Wirkung vom 11.12.1994 aufgehoben hat.
Die 1950 geborene Klägerin war vom 1.10.1991 bis 30.9.1992 als Diplom-Pädagogin versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1.10.1992 bis 20.11.1992 bezog sie Krankengeld. Vom 21.11.1992 bis 5.5.1993 bezog sie Arbeitslosengeld. Vom 6.5.1993 bis zur Aussteuerung am 21.9.1994 bezog sie wieder Krankengeld.
Den am 14.7.1994 von der Klägerin gestellten Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angegestellte (BfA) mit Bescheid vom 7.12.1994, der Klägerin zugegangen am 10.12.1994, und Widerspruchsbescheid vom 16.3.1995 abgelehnt, mit der Begründung, die Klägerin sei weder berufs- noch erwerbsunfähig, auf nervenärztlichem Fachgebiet sei keine Erkrankung feststellbar.
Am 12.9.1994 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG für die Zeit nach Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug. Hierbei gab sie an, seit 25.3.1993 bis auf weiteres arbeitsunfähig zu sein und legte eine entsprechende ärztliche Bescheinigung vor. Zu der Frage, welche Tätigkeit für sie in Betracht komme, gab die Klägerin an, „Keine – AU seit über 18 Monaten und weiterhin. Nach Aussteuerung durch Krankenkasse: Antrag auf Alg nach § 105 a AFG (Nahtlosigkeit zu Leistungen der Rentenversicherung)”. Außerdem gab die Klägerin an, sie habe am 14.7.1994 bei der BfA Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit beantragt.
Die Beklagte bewilligte Arbeitslosengeld ab 22.9.1994 für 222 Tage. Seit 2.1.1995 betrug der wöchentliche Leistungssatz 510,60 DM, Nach einem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 12.1.1995 war die Klägerin noch vollschichtig leistungsfähig und konnte ihren erlernten Beruf als Diplom-Pädagogin weiterhin verrichten.
Anlässlich einer telefonischen Rücksprache des Arbeitsamtes mit der BfA am 13.2.1995 erfuhr die Beklagte, dass die BfA bereits über den Rentenantrag der Klägerin entschieden hatte. Die Beklagte stellte daraufhin ab 1.2.1995 die Zahlung von Arbeitslosengeld ein und forderte die Klägerin mit Schreiben vom 13.2.1995 auf, den Rentenbescheid vorzulegen. Hierauf antwortete die Klägerin mit am 21.2.1995 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben, eine bestandskräftige Entscheidung des Rentenversicherungsträgers liege noch nicht vor. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rentenverfahrens sei die Beklagte nach § 105 a AFG zur Zahlung von Arbeitslosengeld verpflichtet.
Mit Schreiben vom 1.3.1995, das der Klägerin nach deren Angaben vor dem 7.3.1995 zugegangen ist, wies die Beklagte darauf hin, die Klägerin sei im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht verpflichtet den Bescheid des Rentenversicherungsträgers vorzulegen, ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG bestehe nur bis zur Entscheidung des Rentenversicherungsträgers, auf die Bestandskraft der Entscheidung komme es nicht an. Im Falle der Ablehnung ihres Rentenantrags habe die Klägerin Anspruch auf Arbeitslosengeld nur, wenn sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe.
Mit am 24.3.1995 beim Arbeitsamt eingegangenen Schreiben teilte die BfA mit, die Klägerin habe gegen den Bescheid vom 7.12.1994 Widerspruch erhoben, der mit Bescheid vom 16.3.1995 zurückgewiesen worden sei.
Mit Bescheid vom 27.3.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.5.1995 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 11.12.1994 auf mit der Begründung, die Klägerin habe am 10.12.1994 einen Bescheid der BfA über die Ablehnung ihres Rentenantrags erhalten. Nach diesem Zeitpunkt sei ihre Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung nicht mehr nach § 105 a AFG, sondern nach § 103 AFG zu beurteilen. Die Klägerin hätte wissen müssen, dass nach Zustellung des Bescheids des Rentenversicherungsträgers ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG nicht mehr gegeben sei. Sie habe die Änderung in den Verhältnissen dem Arbeitsamt nicht unverzüglich angezeigt. Auf die Bestandskraft der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers komme es nicht an. Da die Klägerin jedoch habe davon ausgehen können, dass der Rentenversicherungsträger das Arbeitsamt von seiner Entscheidung benachrichtige, werde für die Zeit vom 11.12.1994 bis 31.1.1995 aus Gründen des Vertrauensschutzes von einer Rückforderung der erbrachten...