Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenübernahme. Außenseitermethode. Anwendung kassen- bzw vertragsärztliche Versorgung. Mikroskopische Blutuntersuchung Brehmer
Orientierungssatz
Zur Anwendung einer schulmedizinisch nicht anerkannten Untersuchungsmethode (hier mikroskopische Blutuntersuchung im Dunkelfeld nach von Brehmer) in der kassenärztlichen Versorgung.
Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 25.04.1991; Aktenzeichen S 5 K 51/90) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 25.4.1991 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist oder nicht, die Kosten einer bei der Klägerin angewendeten Untersuchungsmethode zu übernehmen, die schulmedizinisch nicht anerkannt ist (mikroskopische Blutuntersuchung im Dunkelfeld nach von Brehmer).
Die 1933 geborene Klägerin war an Brustkrebs erkrankt. Nach der Operation im August 1985 und einer anschließenden Chemotherapie begab sie sich in die Behandlung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. H. in M.. Dieser führt nach der jeweiligen Empfehlung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. K. A. in U. (Gemeinschaftspraxis Dr. K. A. Dr. H. A., Dr. S. M.) eine biologisch ausgerichtete Immuntherapie durch. Der Therapieempfehlung geht eine in Abständen von ca 8 Wochen im Labor der Gemeinschaftspraxis durchgeführte Blutuntersuchung nach der streitigen Methode voraus. Die Diagnose von Dr. A. lautet regelmäßig: beginnende oder leichte oder leichte bis mittelstarke Präkanzerpse, leichte Fokaltoxikose.
Die ärztliche Behandlung und die Arzneimittel gewährt die Beklagte, bei der die Klägerin versichert ist, im Rahmen der von ihr zu erbringenden Sachleistungen. Davon ausgenommen ist die streitige Blutuntersuchung, die als nichtanerkannte Methode in den kassen- und vertragsärztlichen Gebührenordnungen (BMÄ/E-GO) nicht enthalten ist. Deshalb liquidiert Dr. A. diese Blutuntersuchungen privat (pro Untersuchung 50 DM, inzwischen 60 DM).
Durch Bescheid vom 9.11.1989 und Widerspruchsbescheid vom 11.4.1990 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme für die Blutuntersuchungen ab, nachdem auf ihre Antragen die Kassenärztliche Vereinigung Rheinhessen und der Vertrauensärztliche Dienst in Mainz erklärt hatten, daß diese Untersuchungsmethode keine gesicherte diagnostische Aussage erlaube und auch nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.3.1988 – 3/8 RK 5/87 – zu sogenannten Außenseitermethoden keine Leistungsgewährung zulasse.
Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 SGB V habe sie Anspruch auf ärztliche Behandlung, wenn diese notwendig sei, eine Schwächung ihrer Gesundheit zu beseitigen, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde. In diesem Sinne seien die Untersuchungen und Behandlungen bei Dr. A. und Dr. H. notwendig. An diese Ärzte habe sie sich nach Operation und Chemotherapie auf Empfehlung des behandelnden Arztes der Universitätsklinik in M. gewendet, um eine anerkannte Sachleistung in Anspruch zu nehmen und auf diese Weise eine weitere Krebserkrankung möglichst zu vermeiden. Beide hätten ihr erklärt, daß es eine andere und bessere Behandlungsmethode als die ihre in M. und Umgebung nicht gebe.
Die Anfrage des Sozialgerichts, ob für die Krebsnach- und Krebsvorsorgebehandlung andere geeignete und wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden, hat Dr. H. verneint (Schreiben vom 4.10.1990). Er hat weiter ausgeführt, es gebe aber alternative Methoden aus dem Bereich der biologischen Therapie. Dazu gehöre die Blutuntersuchung im Dunkelfeld, die von Brehmer schon in den vierziger Jahren eingeführt habe. Sie diene zur Beurteilung mehrerer tumorrelevanter Faktoren und auch zur Feststellung eines Mikroorganismus mit Namen „Siphonospora polymorpha”. Die klassischen Methoden zeigten erst den neuen Tumor an. Frühentwicklungen seien mit ihnen nicht faßbar, dagegen aber mit der Dunkelfeldblutuntersuchung.
Medizinaldirektor Dr. Ho. vom MDK Rheinland-Pfalz in Mainz (früher Vertrauensärztlicher Dienst) hat in seiner von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 15.1.1991 die Meinung vertreten, es fehle jeder wissenschaftliche Beweis dafür, daß mit der Mikroskopie im Dunkelfeld ein Rezidiv eines Mammatumors bereits in der Frühentwicklung angezeigt werden könne. Die Ergebnisse dieser Blutuntersuchung seien als unwissenschaftlich zu bezeichnen.
Mit im wesentlichen der gleichen Begründung hat das Sozialgericht Mainz die Klage durch Urteil vom 25.4.1991 abgewiesen.
Gegen das am 16.5.1991 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.6.1991 die Berufung eingelegt. Sie ist nach wie vor davon überzeugt, daß die streitige Blutuntersuchung notwendig und die Beklagte zur Kostenübernahme verpflichtet sei, weil ihr keine besser geeignete schulmedizinische Methode angeboten werden könne. Zur Verdeutlichung hat sie die Stellungnahme von Dr. K. A. vom 11.7.1991 vorgelegt. Darin heißt es,...