Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 26.10.1992; Aktenzeichen S 2 Vs 189/92) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 26.10.1992 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs (NTA) „RF” nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).
Der am … 1990 geborene Kläger beantragte am 12.12.1990, vertreten durch seine Eltern, die Anerkennung einer Meningomyelocele als Behinderung (Attest des Dr. A. vom 6.12.1990).
Nach Beiziehung eines Befundberichtes bei Dr. A. vom 15.1.1991, der durch Frau Dr. M. am 14.2.1991 für den Beklagten ausgewertet wurde, stellte der Beklagte mit Bescheid vom 21.2.1991 als Behinderungen mit einem GdB von 100 fest:
Lähmung der Beine, Blasenentleerungsstörung und Liquorabflußstörung infolge Wirbelsäulendefektbildung (Meningomyelocele).
Darüber hinaus wurden die gesundheitlichen Voraussetzungen zur Gewährung der Nachteilsausgleiche „H”, „G”, „AG” und „B” bejaht.
Die Voraussetzungen des NTA „RF” wurden dagegen verneint.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, unter Berücksichtigung medizinischer Berichte der Neurochirurgischen Universitätsklinik B. aus den Jahren 1990 und 1991 seien die gesundheitlichen Voraussetzungen zur Feststellung des NTA „RF” gegeben. Auch der Hausarzt Dr. A. vertretet diese Auffassung.
Seine unteren Extremitäten seien hochgradig behindert. Sowohl die Miktion als auch die Defektion seien spontan. In vergleichbaren Fällen seien die gesundheitlichen Voraussetzungen zur Gewährung des NTA „RF” bejaht worden.
In versorgungsärztlichen Stellungnahmen der Frau Dr. Me. vom 17.6.1991, der Frau Dr. W.-Sch. vom 24.9.1991 und des Dr. U. vom 27.2.1992 wurde hierzu ausgeführt, unter Nutzung der zuerkannten Merkzeichen sei der Kläger in der Lage, an öffentlichen Veranstaltungen in zumutbarer Weise teilzunehmen.
Dr. E. stellte versorgungsärztlich aufgrund eines Antrags auf Gewährung von Landespflegegeld infolge eines Hausbesuches vom 29.11.1991 fest, bei dem Kläger bestünde eine schlaffe Paraparese beider Beine bei Myelomeningocele und ein ventilversorgter Hydrocephalus internus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.3.1992 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Im Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, bereits der Umstand, daß er Pflegegeld nach dem Landespflegegeldgesetz beziehe, zeige, daß die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs „RF” erfüllt seien.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung mehrerer Stellungnahmen.
Prof. Dr. En., Neurochirurgische Universitätsklinik B., hat in seinem Bericht vom 28.5.1992 ausgeführt, im Bereich der Beine des Klägers bestünde eine sehr ausgeprägte Teillähmung der Hüftgelenksmuskulatur und eine vollständige schlaffe Lähmung der Knie- und Fußbewegungen. Nach den Angaben der Eltern lägen Lähmungen der Blasen- oder Darmentleerung nicht vor.
Der Kinderarzt A. hat am 12.6.1992 ausgeführt, die Beine des Klägers seien von einer schlaffen Lähmung betroffen. Vereinzelt träten Hüftbewegungen auf, die jedoch als spinale Automatismen ohne funktionelle Bedeutung zu werten seien. Darüber hinaus bestünde eine komplette Analgesie und Anästhesie, dh eine Aufhebung der Schmerz- und Berührungsempfindung. Aufgrund der neurologischen Störung liege infolge der großen thorakolumbalen Myelocele eine Blasenentleerungsstörung vor, die später zur Inkontinenz führen werde. Zur Zeit bestehe ein guter Analtonus ohne sicheren Analreflex. Ob später eine Darmentleerungsstörung auftrete, müsse offenbleiben. Ob zukünftig eine Geruchsbelästigung der näheren Umgebung auftreten werde, hänge davon ab, ob eine Stuhlinkontinenz eintreten werde. Dr. Ma., Kinderpoliklinik der Universitätsklinik B., hat am 15.7.1992 bzw 6.8.1992 dargelegt, etwa ab dem 4. Brustwirbelkörper bestehe eine komplette Analgesie und Anästhesie. Infolgedessen würden die Beine des Klägers in Rücken- bzw Bauchlage in Froschposition gehalten, da sie durchweg schlaff gelähmt seien. Eine Willkürmotorik der unteren Extremitäten sei nicht gegeben. Darüber hinaus liege bei dem Kläger eine neurogene Blasenentleerungsstörung vor, dh eine kleine infolge Innervationsstörung funktionsgestörte Balkenblase entleere sich unwillkürlich mit unterschiedlich großen Harnportionen. Der Schließmuskel des Enddarmes sei in seiner Funktion ebenfalls als Folge der Innervationsstörung beeinträchtigt. Es sei zu erwarten, daß der Kläger auch künftig auf die Benutzung von Windeln bzw Einlagen angewiesen sei.
Mit Urteil vom 26.10.1992 hat das Sozialgericht Koblenz den Bescheid des Beklagten vom 21.2.1991 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 10.3.1992 abgeändert und den Beklagten verurteilt, die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens „RF” festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, entscheide...