Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht. Berufsschadensausgleich. Leistungsbeginn. verspäteter Antrag. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Beratungsfehler. vermutlicher Abschluss eines Hochschulstudiums. erhebliches Überschreiten der Mindeststudiendauer. Student
Leitsatz (amtlich)
1. Bei vermutlichem Abschluss einer Hochschulausbildung steht einem Beschädigten nach § 7 Abs 1 S 2 BSchAV das in § 4 Abs 1 BSchAV für Beamte des höheren Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen ab dem Zeitpunkt zu, an dem nach normalem Studienverlauf ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich mit einem Ausbildungsabschluss zu rechnen gewesen wäre. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte kann dies der Zeitpunkt nach Ablauf der durch Verordnung festgelegten Mindeststudiendauer sein.
2. Reicht der Beschädigte der Versorgungsverwaltung Studienbescheinigungen zu den Akten, aus denen sich ergibt, dass die Mindeststudiendauer erheblich überschritten ist, so kann es geboten sein, den Beschädigten zu einem Antrag auf Berufsschadensausgleich zu raten, wenn aktenkundig ist, dass der Beschädigte wegen der Schädigungsfolgen Probleme hat, das vor der Schädigung angestrebte Studium zu bewältigen.
Tenor
1. Das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 29.03.2004 sowie der Bescheid des Amtes für soziale Angelegenheiten Mainz vom 28.07.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.01.2000 sowie der Bescheid vom 12.07.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.01.2000 werden abgeändert und der Beklagte verurteilt, dem Kläger Berufsschadensausgleich entsprechend einem Vergleichseinkommen des Durchschnittsgehalts der Besoldungsgruppe A 13 ab 01.01.1994 zu gewähren.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge trägt der Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Berufsschadensausgleich nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der Kläger leistete vom 01.10.1983 bis März 1985 seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr ab. Am 06.07.1984 erlitt er auf dem Weg vom Dienstort nach Hause einen Verkehrsunfall. Im März 1985 stellte der Kläger einen Antrag auf Versorgung nach dem SVG nach Ablauf seines Wehrdienstes. Zuletzt mit Abhilfebescheid vom 29.07.1988 und Bescheid vom 03.07.1990 erkannte das Versorgungsamt Mainz als Wehrdienstbeschädigungsfolgen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 vH an:
Hirnleistungsschwäche mit Einschränkung der Konzentrations- und Merkfähigkeit; Kopfschmerzen als Ausdruck zentral vegetativer Störungen, zentrale, armbetonte Halbseitenrestsymptomatik links, Arthrose der Atlanto-axial-Gelenke beidseits und Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule nach Dens-Fraktur, plastisch gedeckter großer Knochendefekt der Schädelkalotte, Beeinträchtigung des Riechvermögens, Schwellneigung der linken Augenbraue, reizlose Narbe über dem linken Augenlid; Tracheotomienarbe.
Der Kläger begann im Wintersemester 1986/87, wie vor dem Unfall geplant, mit einem Studium der Pharmazie an der Universität M. , nachdem die Studienberatung der Universität und eine beim Psychologischen Dienst des Arbeitsamtes B. durchgeführte Eignungsuntersuchung keinerlei Bedenken gegen das Studium der Pharmazie ergeben hatten. Das Arbeitsamt M. teilte dem Beklagten im März 1988 mit, das Studium mache dem Kläger Spaß, obwohl es gelegentlich Probleme gebe. Es sei davon auszugehen, dass die Probleme Folgen der Behinderung seien. Der Kläger arbeite zielgerichtet und kontinuierlich, um die von ihm erwarteten Leistungen zu erbringen. Es sei davon auszugehen, dass er bei der Aneignung von neuem Stoff etwas längere Zeit brauche. Der Kläger sei zuversichtlich, das Studium mit Erfolg zu beenden, woran es zur Zeit keine Zweifel gebe.
Mit Bescheid vom 06.12.1988 lehnte das Versorgungsamt Mainz ua die Gewährung von Berufsschadensausgleich ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Berufsschaden, der abzugelten wäre, sei noch nicht eingetreten, da der Kläger noch keinen Beruf erlernt und seine Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen habe. Der Kläger befinde sich seit Oktober 1986 in dem vor der Einberufung zur Bundeswehr bereits vorgesehenen beruflichen Ausbildungsweg, sei in der Lage gewesen, das Studium aufzunehmen und werde es auch aller Voraussicht nach erfolgreich abschließen. Für die Zeit der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit vom 01.04.1985 bis zur Aufnahme des Studiums sei Versorgungskrankengeld gewährt worden, da es sich nicht um eine dauerhafte, sondern nur um eine vorübergehende berufliche Beeinträchtigung gehandelt habe. Daher stehe dem Kläger für die Zeit ab 01.04.1985 kein Anspruch auf Berufsschadensausgleich zu.
Im Rahmen einer durch Prof. Dr. S. , Direktor des Neurologischen Landeskrankenhauses M. im Februar 1990 durchgeführten Begutachtung teilte der Kläger mit, den Anforderungen des Studiums im 5. pharmazeutischen Fachsemester fühle er sich durchaus gewachsen.
Im April 1991 teilte der Kläger mit, er sei zwar weiterhin für das Pharmaziestudium immatrikuliert, lei...