Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 09.03.1989; Aktenzeichen S 7 J 228/87) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 9.3.1989 geändert: Die Beklagte wird unter Änderung ihres Bescheides vom 7.11.1986 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.7.1987 verurteilt, dem Kläger ab 1.9.1986 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der im Jahre 1933 geborene Kläger begehrt die Gewährung einer Versichertenrente.
Im Jahre 1949 kam er zur B. Eisenbahn GmbH. Nach einer Lehre als Betriebsschlosser war er dort als Schlosser und Lokomotivheizer beschäftigt. Am 7.12.1956 wurde ihm die volle praktische Befähigung für den Dienst eines Triebwagenführers zuerkannt und im Juni 1957 bestand er die Prüfung zum Lokführer auf den von der B. Eisenbahn GmbH betriebenen Eisenbahnstrecken. Als er im Jahre 1959 noch den Busführerschein ablegte, war er im Wechsel im Busdienst und als Triebwagenführer tätig, seit 1979 aber überwiegend als Busfahrer. Da man ihn wegen starker Beeinträchtigung der Sehschärfe nicht mehr als geeignet für die Fahrgastbeförderung ansah, kündigte ihm sein Arbeitgeber zum 31.8.1986. In einem Rechtsstreit einigten sich der Kläger und dessen Arbeitgeber vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz auch auf diesen Termin gegen Zahlung einer Abfindung von 2.600 DM.
Im September 1986 stellte er bei der Beklagten den Rentenantrag.
Die Beklagte ließ ihn durch den Internisten S. von ihrer Gutachterstation untersuchen. Dr. S. diagnostizierte einmal eine umschriebene Sklerodermie (Pschyrembel Seite 1527: Darrsucht, zu den Kollagenosen gehörende Autoimmunkrankheit mit ausgesprochener Neigung zur Vermehrung des Bindegewebes) und eine Schielamplyopie auf dem rechten Auge. Eine coronare Minderdurchblulung könne wegen einer Rechtsschenkelblockbildung weder bewiesen noch ausgeschlossen werden. Es bestünden mäßige schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie eine Dupuytren'sche Kontraktur des 4. Strahls der rechten Hand ohne wesentliche Funktionseinschränkung. Der Kläger könne deshalb keine körperlich schweren Tätigkeiten mehr verrichten und nicht mehr schwer heben und tragen. Er dürfe sich nicht häufig bücken, und an das räumliche Sehen dürften keine besonderen Anforderungen gestellt werden. Er könne noch körperlich leichte Arbeiten mit der Möglichkeit, zwischen Sitzen und Gehen zu wechseln, nicht in Nässe und Kälte und nicht bei besonders hoher nervlicher Anforderung vollschichtig verrichten.
Die Beklagte verwies den Kläger in ihrem ablehnenden Bescheid auf die Tätigkeiten einer Bürohilfskraft in temperierten Räumen, zB in einer Poststelle, auf überwachende Tätigkeiten bei der Steuerung einer Produktionsanlage und auf die Tätigkeit des Pförtners.
Im Widerspruchsverfahren hörte die Beklagte desweiteren den Orthopäden Dr. G. Dieser fand einen Verschleiß, vorwiegend an den Lenden- und Rippenwirbelgelenken, der deutlich über dem altersüblichen Maß liege, während er an den Bandscheiben- und an den Wirbelkörpern altersüblich und mäßig sei. Die Reizungen der Wirbelgelenke mit reaktiven, muskulären Verspannungen bei Belastungen seien durchaus glaubhaft. Die Belastungsfähigkeit der linken Hand sei durch eine Dupuytren'sche Kontraktur erheblich eingeschränkt und könne nur noch als Beihand benutzt werden. Dennoch könne er noch leichte, die Wirbelsäule nicht belastende Tätigkeiten in geschlossenen Räumen bei möglichst gleichmäßiger Temperatur und in wechselnder Körperhaltung im Stehen und Sitzen sowie bei Hin- und Hergehen vollschichtig verrichten.
In ihrem ablehnenden Widerspruchsbescheid führte die Beklagte aus, der Kläger besitze nur den Berufsstatus eines angelernten Arbeiters, weil er nicht über die Kenntnisse und Fertigkeiten eines gelernten und geprüften Berufskraftfahrers verfüge, und sei deshalb auf einfache Pförtnertätigkeiten verweisbar.
Das Sozialgericht hat einmal bei der B. Eisenbahn GmbH ermittelt und von dem behandelnden Internisten Dr. Sc. sowie von dem Augenarzt Dr. F. Befundberichte und weitere Sachverständigengutachten eingeholt.
Dr. E. hat im Gutachten vom 6.5.1988 angegeben, daß neben dem bifaszikulären Herzblock wahrscheinlich auch funktionelle Herzbeschwerden vorhanden seien. Deshalb könne der Kläger keine ausgesprochen schwere körperliche sowie nervlich nicht dauernd besonders belastende Tätigkeit ausüben. Wegen einer funktionellen Einäugigkeit müsse er unfallträchtige Arbeiten, sowie solche auf Leitern und Gerüsten und auch die gewerbsmäßige Personenbeförderung meiden. Ein Wirbelsäulensyndrom (zZt vorwiegend Lendenwirbelsäule) bei Fehlhaltung, Skoliose und degenerativen Veränderungen im Sinne einer Spondylosis, Spondylarthrose und Bandscheiben-Schädigung in Höhe von L 4 bis L 5 verbiete eine ausgesprochen schwere und überwiegend mittelschwere körperliche Tätigkeit mit häufigem Bücken und Bewegen schwerer Gegenstände. A...