Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 30.03.1990; Aktenzeichen S 2 U 100/88) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 30.3.1990 wird hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin zu 1) auf Sterbegeld und Überbrückungshilfe und des Anspruchs des Klägers zu 2) auf eine Waisenrente als unzulässig verworfen und im übrigen zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat den. Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Streitig sind Ansprüche auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klägerin zu 1) ist die Witwe, der Kläger zu 2) der 1970 geborene Sohn des H. A. (A; geboren 1935). Dieser stammte aus einer alten Glasmacher- und Glasbläserfamilie in T. Im Jahre 1949 begann er eine Lehre als Glasbläser und Glasmacher im elterlichen Betrieb, die er nach seiner Übersiedelung in die Bundesrepublik im Jahre 1951 fortsetzte und 1953 mit der Gesellenprüfung als Glasbläser abschloß. In den Jahren danach war er bis Oktober 1965 in mehreren Glasbläsereien beschäftigt und betrieb sodann eine selbständige Glasbläserei. Seit September 1968 war er als Glasbläser am Physiologisch-Chemischen Institut der Universität M. angestellt. 1970 legte er die Meisterprüfung im Glasbläserhandwerk ab.
Anfang 1985 wurde bei A, der im Februar 1984 eine Nitrosegasvergiftung erlitten hatte, ein großzelliges anaplastisches Bronchialkarzinom mit einer solitären Nebennierenmetastase links diagnostiziert, woran A am 11.10.1985 verstarb.
Die Leiche des A wurde durch Prof. Dr. T. vom Pathologischen Institut der Universität M. obduziert. Dieser veranlaßte im Hinblick auf einen möglichen Kontakt des A mit asbesthaltigen Substanzen Untersuchungen durch Prof. Dr. O. vom Pathologischen Institut der Stadt. Kliniken D. Letzterer teilte mit (Schreiben vom 16.12.1985): Bei der durchgeführten histologischen Untersuchung seien Asbestkörperchen nicht nachweisbar gewesen. Die Milliporefiltratuntersuchung eines Lungenwürfels von 1 cm Kantenlänge habe den Nachweis von 16 Asbestkörperchen erbracht; dieser Befund liege in einer Größenordnung, die auch ohne berufliche Asbestexposition häufig gefunden werde.
Prof. Dr. T. (mit Dr. B.) verneinte einen Zusammenhang zwischen den Einwirkungen von Nitrosegasen und dem Lungenkarzinom sowie ein asbestbedingtes Krebsleiden (Gutachten vom 9.6.1986). Demgegenüber bejahte Prof. Dr. K. (mit Dr. D.) vom Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität M. in seinem Gutachten vom 12.11.1986 (ua aufgrund einer Untersuchung von A im Juni 1985 zu dessen Lebzeiten und einer Besichtigung dessen Arbeitsplatzes durch Dr. D.) den Zusammenhang zwischen einer beruflichen Asbestexposition und dem Krebs leiden sowie dem Tod von A. Dem schloß sich der Staatliche Gewerbearzt des Landes Rheinland-Pfalz Dr. B. an (Kurzgutachten vom 2.12.1986). Dieser Auffassung widersprachen Dr. H. von der Abteilung Unfallverhütung des Beklagten (Stellungnahme vom 15.1.1986) sowie der Direktor der Institute für experimentelle Pathologie der Universität H. und am Deutschen Krebsforschungszentrum Prof. Dr. G. (Gutachten vom 23.4.1988).
Durch Bescheide vom 25.5.1988 lehnte der Beklagte Hinterbliebenenleistungen an die Kläger wegen des Todes von A ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Das Vorliegen einer Berufskrankheit bei A sei nicht nachgewiesen. Es seien weder die Voraussetzungen einer der in der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) erfaßten Berufskrankheiten noch die Anforderungen des § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) erfüllt.
Hiergegen haben die Kläger Klagen beim Sozialgericht (SG) Mainz erhoben (Az: S 2 U 100/88 und S 2 U 109/88). Das SG hat beide Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Im sozialgerichtlichen Verfahren ist von Amts wegen ein Gutachten des Leiters des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität G. Prof. Dr. W. vom 7.9.1989 eingeholt worden. Dieser hat dargelegt: Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKVO gegeben, da A unter einem Lungenkrebsleiden in Verbindung mit einer durch Asbeststaub verursachten Erkrankung der Pleura (Brustfell) gelitten habe. Die histologisch festgestellten hyalinen Pleuraplaques seien als asbestbedingt zu werten.
Hierzu hat der Beklagte eine ausführliche Äußerung von Prof. Dr. G. vom 10.1.1990 vorgelegt. Dieser hat an seiner Auffassung festgehalten, eine für die Entstehung eines Lungenkrebsleidens genügende Asbestexposition sei bei A nicht nachgewiesen und die gegebenen Befunde sprächen gegen einen Zusammenhang zwischen Asbesteinwirkungen und dem Krebsleiden.
Durch Urteil vom 30.3.1990 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 25.5.1988 verurteilt, den Klägern Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Zur Begründung hat es sich in erster Linie auf das Gutachten von Prof. Dr. W. gestützt.
Gegen dieses ihm am 20.4.1990 zugestellte Urteil ric...