Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Leistungsgruppe
Leitsatz (amtlich)
Die Berücksichtigung eines Steuerklassenwechsels zwischen Eheleuten nach AFG § 113 Abs. 2 Satz 1 setzt lediglich voraus, daß der Ehegatte des Arbeitslosen keine Vollzeitbeschäftigung ausübt. Es ist jedoch nicht erforderlich, daß der Wechsel im Einzelfall durch die Aufgabe der Beschäftigung oder den Übergang von einer Vollzeitbeschäftigung zu einer Teilzeitbeschäftigung veranlaßt worden ist.
Normenkette
AFG § 113 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1976-01-01
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 12.05.1978; Aktenzeichen S 3 Ar 261/77) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 12. Mai 1978 und der Bescheid des Arbeitsamtes Montabaur vom 16. Juni 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 1977 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld nach Leistungsgruppe C zu gewähren.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der zugelassenen Berufung begehrt der Kläger weiterhin höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Juni bis 6. August 1977. Streitig ist nur, welche Leistungsgruppe gemäß §§ 111, 113 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) zugrunde zu legen ist.
Der 1941 geborene Kläger war bis 31. Oktober 1975 als Ingenieur für Straßenbau in N. und anschließend bis 10. Mai 1977 als Vermesser bei einer ausländischen Firma in M./Libyen beschäftigt. Die Ehefrau des Klägers arbeitet seit Jahren halbtags im Büro seiner Prozeßbevollmächtigten. Bis 1975 war auf der Lohnsteuerkarte des Klägers jeweils Steuerklasse III und auf der seiner Ehefrau Steuerklasse V eingetragen. Während des Auslandsaufenthaltes des Klägers wurden die Steuerklassen getauscht. Die dem Kläger für das Jahr 1977 von Amts wegen übersandte Lohnsteuerkarte enthielt deshalb die Eintragung: Steuerklasse V.
Auf Antrag des Klägers vom 18. Mai 1977 bewilligte ihm das Arbeitsamt Montabaur am 16. Juni 1977 rückwirkend Alg für 156 Wochentage. Dabei legte es entsprechend der eingetragenen Steuerklasse die Leistungsgruppe D zugrunde.
Im Widerspruchsverfahren begehrte der Kläger unter Vorlage der vom Finanzamt Montabaur am 27. Mai 1977 mit Wirkung vom 1. Juni 1977 in seiner Lohnsteuerkarte eingetragenen Änderung der Steuerklasse in III/1 Alg nach Leistungsgruppe C ab 1. Juni 1977. Das Arbeitsamt gab diesem Widerspruch mit Bescheid vom 29. Juni 1977 zunächst statt, hob diesen Bescheid aber am 5. Oktober 1977 wieder auf und wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom gleichen Tag zurück. Der zwischen den Ehegatten vorgenommene Steuerklassenwechsel sei entgegen der Annahme des Bescheids vom 29. Juni 1977 gemäß § 113 Abs. 2 AFG unbeachtlich, weil die Ehefrau des Klägers bereits seit elf Jahren teilzeitbeschäftigt sei und nicht erst jetzt von einer Vollzeitbeschäftigung zur Teilzeitbeschäftigung übergegangen sei.
Mit der Klage hat der Kläger geltend gemacht, es handele sich vorliegend nicht um einen Steuerklassenwechsel, sondern für ihn praktisch um die erstmalige Ausstellung einer Lohnsteuerkarte für das Jahr 1977. Solange er im Ausland gearbeitet habe, habe er nicht der inländischen Lohnsteuerpflicht unterlegen. Die gleichwohl vor seiner Rückkehr 1977 ausgestellte Steuerkarte sei deshalb völlig bedeutungslos gewesen. Wäre er nicht vorübergehend im Ausland gewesen, hätte er selbstverständlich seine bisherige Steuerklasse III behalten. Der Anspruch auf höheres Alg nach Leistungsgruppe C könne nicht deshalb ausgeschlossen sein, weil er erst nach seiner Rückkehr wieder in die frühere Steuerklasse eingestuft worden sei. Da seine Ehefrau weiterhin eine Teilzeitbeschäftigung ausübe, stehe ihm mindestens in entsprechender Anwendung von § 113 AFG Alg nach der höheren Leistungsgruppe zu.
Das Sozialgericht Koblenz hat die Klage mit Urteil vom 12. Mai 1978 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen dieses dem Kläger am 5. Juni 1978 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung vom 29. Juni 1978. Er trägt vor, gemäß § 113 Abs. 1 AFG sei in seinem Fall ausschließlich die am 1. Juni 1977 eingetragene Steuerklasse maßgebend. § 113 Abs. 2 AFG finde keine Anwendung, weil er vor dem 1. Juni 1977 in der Bundesrepublik nicht lohnsteuerpflichtig gewesen sei. Deshalb habe nur seine Ehefrau, nicht aber er selbst, die Steuerklasse wechseln können.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil und die angefochtenen Bescheide abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Juni bis 6. August 1977 Alg nach Leistungsgruppe C zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Entscheidend sei, daß der Kläger zu Beginn des Jahres 1977 im Besitz einer Steuerkarte mit der Steuerklasse V gewesen sei. Da seine Ehefrau damals in Steuerklasse III gewesen sei, hätte bei ihm auf jeden Fall Klasse V eingetragen werden müssen. Nach Wortlaut und Sinn d...