Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. TÜV-Termin kein erheblicher Grund zur Terminsverlegung. Bemessung der Nachfrist bei Beendigung der Mitgliedschaft wegen Beitragsrückstandes

 

Orientierungssatz

1. Ein erheblicher Grund zur Verlegung des Termins nach § 202 SGG iVm § 227 Abs 1 S 1 ZPO ist nicht darin zu sehen, dass der Prozessbeteiligte einen Untersuchungstermin seines Kraftfahrzeuges beim TÜV wahrzunehmen hat.

2. Nach dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 191 Nr 3 SGB 5 muss dem Mitglied zwischen dem Hinweis auf die Rechtsfolgen im Sinne dieser Vorschrift und der Beendigung der Mitgliedschaft eine Nachfrist gesetzt werden. Diese muss zudem so bemessen sein, dass sie zur Zahlung der rückständigen Beiträge noch eine reale, wenn auch zeitlich knapp bemessene Chance bietet. Anders kann der Hinweis seine Warnfunktion nicht erfüllen (vgl BSG vom 27.1.2000 - B 12 KR 21/99 B - veröffentlicht bei Juris).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.12.2005; Aktenzeichen B 12 KR 42/05 B)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers, über die Höhe der zu zahlenden Beiträge und die Frage, ob die Beklagte die Mitgliedschaft des Klägers wegen Zahlungsverzugs beenden durfte.

Der 1936 geborene Kläger war bis zum 31.12.1992 bei der M-B AG beschäftigt. Anlässlich der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag vom 02.12.1992 erhielt er eine Abfindung i.H.v. 768.000,00 DM. Seit dem 01.01.1997 bezieht er sowohl von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als auch von der D-B Unterstützungskasse GmbH eine monatliche Rente. Diese beliefen sich zum 01.01.1997 auf 1.963,95 DM und 3.600,00 DM.

Bei der Beklagten war der Kläger seit 1964 freiwillig versichert, bis 31.12.1992 in der Beitragsklasse 511. Ab 01.01.1993 wurde er als Stellenloser in der Beitragsklasse 701 geführt.

Nach seinen Angaben meldete sich der Kläger im Januar 1993 bei der zuständigen Arbeitsagentur arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Leistungen erhielt er nicht. Auf seinen erneuten Antrag vom 25.09.1996 verurteilte das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) ≪Az.: L 1 AL 34/99≫ die Bundesagentur für Arbeit mit Urteil vom 27.01.2000 zur Zahlung von Arbeitslosengeld ab 25.09.1996. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, dass der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld bereits im Januar 1993 entstanden sei. Die Ruhensregelung des § 117 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) wegen Zahlung der Abfindung habe nicht die Entstehung des Stammrechts, sondern nur die Auszahlung des Arbeitslosengeldes gehindert. Daraufhin zahlte die Arbeitsagentur Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 25.09.1996 bis 31.12.1996. Die Beklagte verrechnete die Beitragszahlungen für diesen Zeitraum mit rückständigen Beitragsforderungen (Schreiben vom 15.09.2000).

Nachdem der Kläger auf Aufforderung der Beklagten Einkommensnachweise vorlegte, stufte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 02.07./16.07.1998 und vom 20.10.1998 ab 01.07.1998 in eine seinem Einkommen entsprechende Beitragsklasse ein. Der Kläger wandte sich gegen die Beitragserhebung seit 1993 und die Beitragserhöhung. In der Folgezeit kam es zu Beitragsrückständen; diese erläuterte die Beklagte dem Kläger in Schreiben vom 09.02.2000 und 07.08.2000, außerdem stellte sie die jeweiligen Zahlungseingänge gegenüber.

Mit Schreiben vom 28.08.2000 wies die Beklagte den Kläger auf einen Beitragsrückstand von 9.230,18 DM hin, forderte den Kläger zum umgehenden Ausgleich auf und führte aus, dass bei einem weiteren Zahlungsverzug die freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung mit Ablauf des vorgesehenen Zahltages ende. Der Kläger kam dieser Zahlungsaufforderung nicht nach. Mit Bescheid vom 15.09.2000 teilte ihm die Beklagte daraufhin mit, dass die freiwillige Mitgliedschaft zum 15.09.2000 ende. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass Beitragsrückstände nicht vorlägen, da er seit 01.01.1993 wegen seiner Arbeitslosigkeit beitragsfrei und ab 01.01.1997 als Rentner gesetzlich versichert sei. Wegen falscher Beratung durch die Beklagte habe er Arbeitslosengeld erst im September 1996 erhalten. In weiteren Schreiben vom 12.10.2000, 27.03.2001, 19.06.2001, 14.12.2001 und 19.12.2001 erläuterte die Beklagte die Beitragseinstufung und lehnte eine Änderung der Beitragseinstufung ab 1993 ab, da der Kläger keine Einkommensnachweise vorgelegt habe. Die Widersprüche wies sie am 11.01.2002 zurück.

Das Sozialgericht Speyer (SG) hat die Klage durch Urteil vom 12.02.2004 abgewiesen. Der Kläger sei seit 1993 nicht pflichtversichert gewesen, da er, abgesehen von dem Zeitraum vom 25.09.1996 bis 31.12.1996, keine Leistungen vom Arbeitsamt bezogen habe. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch komme nicht in Betracht, da der Kläger nach seinen eigenen Angaben im Verfahren vor dem LSG im Januar 1993 bei der Arbeitsagentur L vorgesprochen habe. Deshalb sei allenfalls die Beratung der Arbeitsagentur und nicht eine mögliche Fehlberatung der Beklagten maßgebend gewesen. Im Üb...

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