Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Terminsverlegung wegen TÜV-Termin. Krankenversicherung ≪hier KVdR≫. Beginn der Beitragszahlung. Treu und Glauben

 

Orientierungssatz

1. Ein erheblicher Grund zur Verlegung eines Termins ist nicht darin zu sehen, dass ein Untersuchungstermin des Kraftfahrzeugs beim TÜV wahrzunehmen ist.

2. Ein Beginn der Beitragszahlung erst mit Aushändigung der Versichertenkarte kommt in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausnahmsweise in Betracht. Dem widerspricht nicht die Wechselbeziehung zwischen Beitragspflicht und Leistungsansprüchen sowie der Grundsatz von Treu und Glauben (venire contra factum proprium).

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Beitragszahlungen als Pflichtmitglied vor Aushändigung der Krankenversichertenkarte.

Der 1936 geborene Kläger war bis 31.12.1992 bei der M AG beschäftigt. Anlässlich der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag vom 02.12.1992 erhielt er eine Abfindung i.H.v. 768.000,00 DM. Seit dem 01.01.1997 bezieht er sowohl von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als auch von der D Unterstützungskasse GmbH eine monatliche Rente. Diese beliefen sich zum 01.01.1997 auf 1.963,95 DM und 3.600,00 DM.

Bei der Beklagten war er seit 1964 freiwillig versichert, bis 31.12.1992 in der Beitragsklasse 511. Ab 01.01.1993 wurde er als Stellenloser in der Beitragsklasse 701 geführt und seit 01.07.1998 in einer einkommensabhängigen Beitragsklasse. Im Zeitraum vom 25.09.1996 bis 31.12.1996 war er aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld versicherungspflichtig.

Mit Schreiben vom 16.08.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Prüfung des Versicherungsverhältnisses nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15.03.2000 ergeben habe, dass ab 01.04.2002 eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gegeben sei. Der Kläger wählte am 31.08.2002 die Mitgliedschaft bei der Beklagten ab 01.04.2002. Am 05.09.2002 erhielt er und am 16.09.2002 sein familienversicherter Sohn eine Versichertenkarte. Mit der Erhebung von Beiträgen vor diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht einverstanden.

Mit Bescheid vom 06.12.2002 verwies die Beklagte auf die dem Kläger im Schreiben vom 14.11.2002 erläuterte Rechtslage, wonach Beiträge ab dem Beginn der Mitgliedschaft zu zahlen seien. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie am 10.02.2003 zurück.

Das Sozialgericht Speyer (SG) hat die Klage durch Urteil vom 12.02.2004 abgewiesen. Nach den §§ 223, 228, 229 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) habe der Kläger Beiträge aus der Rente der BfA und der Rente der betrieblichen Altersversorgung zu zahlen. Auch eine rückwirkende Beitragserhebung verstoße nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weder gegen das Äquivalenzprinzip noch gegen Treu und Glauben. Die Heranziehung zur Beitragspflicht sei jedenfalls dann möglich, wenn die Beteiligten die Pflichtmitgliedschaft rechtlich hätten wahrnehmen können, lediglich tatsächlich aber nicht erkannt hätten. Dem Kläger stehe seit 01.04.2002 ein möglicher Anspruch auf Erstattung der Kosten von Leistungen zu. Die fehlende Kenntnis des Klägers von der Versicherungspflicht habe nicht auf einem fehlerhaften Verhalten der Beklagten beruht. Die Beklagte habe abwarten müssen, ob es bis 31.03.2002 zu einer gesetzlichen Neuregelung kommen werde. Sie habe im Anschluss bei zahlreichen Versicherten ab 01.04.2002 die Voraussetzungen zur Mitgliedschaft in der KVdR überprüfen müssen.

Gegen das ihm am 27.02.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger bereits am 25.02.2004 Berufung eingelegt.

Er trägt vor:

Erst mit Übergabe der Versichertenkarte habe er Leistungen in Anspruch nehmen können. Eine rückwirkende Beitragszahlung stelle einen Leistungsbetrug dar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 12.02.2004 - S 7 KR 174/03 - sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Beiträge für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis 15.09.2002 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Kläger hat die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 31.03.2005 am 16.03.2005 erhalten. Mit Schreiben vom 29.03.2005 hat er Terminsverlegung beantragt, da er am 31.03.2005 einen Termin zur TÜV-Untersuchung seines Kraftfahrzeugs wahrnehmen müsse. Außerdem beantragte er Einsicht in die Verwaltungsakte der Beklagten, weil er diese nicht kenne. Mit Schreiben vom 29.03.2005 - beim Kläger am gleichen Tag eingegangen - hat die stellvertretende Vorsitzende RLSG Curkovic dem Kläger mitgeteilt, dass dem Antrag auf Terminsverlegung nicht entsprochen werde. Er habe die Möglichkeit, Akteneinsicht bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung am 31.03.2005 zu nehmen. Daraufhin hat der Kläger mit Schreiben vom 31.03.2005 den Berichterstatter, den Vorsitzenden des Senats, Herrn PräsLSG Bartz, und...

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