Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. fiktive Terminsgebühr. Annahme eines Teilanerkenntnisses und anschließende Erledigungserklärung der Hauptsache. keine Verfahrensbeendigung iS von Nr 3106 S 1 Nr 3 RVG-VV

 

Leitsatz (amtlich)

Die Annahme eines Teilanerkenntnisses mit anschließender (einseitiger) Erledigungserklärung der Hauptsache im Übrigen stellt keine Beendigung des Verfahrens nach angenommenem Anerkenntnis im Sinne der Anmerkung S 1 Nr 3 zu Nr 3106 VV RVG (juris: RVG-VV) dar.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitgegenständlich ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer für ein Klageverfahren nach Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse als Beschwerdegegner zusteht.

In dem seit dem 27. Februar 2015 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) anhängigen und mittlerweile erledigten Klageverfahren S 7 AS 397/15 vertrat der Beschwerdeführer eine Klägerin im Streit um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage höhere Leistungen von Dezember 2014 bis November 2015 für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II, denn das beklagte Jobcenter hatte diese nicht in tatsächlicher Höhe (312 €) erbracht. Ausweislich der Klageschrift seien monatlich nur 90,50 € erbracht worden.

Der Beschwerdeführer begründete die Klage bei Erhebung und fertigte weitere Stellungsnahmen vom 29. April 2015 und 15. Juni 2015 (mit Anlagen).

Mit Beschluss vom 7. September 2015 bewilligte das SG PKH und ordnete den Beschwerdeführer bei.

Nachdem der Klägerin ab August 2014 von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt wurde (Bescheid vom 9. Juni 2015), erkannte das beklagte Jobcenter unter dem 1. Februar 2017 für die Zeit von Dezember 2014 bis Juni 2015 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 16,50 € unter Verwahrung gegen die volle Kostenlast an. Unter dem 7. Februar 2017 nahm der Beschwerdeführer „das Anerkenntnis“ des beklagten Jobcenters an und erklärte den Rechtsstreit insoweit für erledigt.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 6. Februar 2017 beantragte der Beschwerdeführer in die Festsetzung seiner Vergütung aus der PKH wie folgt:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102 VV RVG

 300,00 €

Terminsgebühr (Anerkenntnis)

Nr. 3106 VV RVG

 270,00 €

Post- und Telekom. Pauschale

Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

Zwischensumme

 590,00 €

Mehrwertsteuer

Nr. 7008 VV RVG

 112,10 €

Kostenforderung

702,10 €

Abzüglich Vorschuss

- 261,80 €

Erstattungsbetrag Landeskasse

 440,30 €

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG (UdG) setzte die PKH-Vergütung am 2. März 2017 formlos in der beantragten Höhe fest und wies 440,30 € an den Beschwerdeführer an.

Zugleich machte der UdG am 2. März 2017 einen Forderungsübergang nach § 59 RVG geltend und forderte das beklagte Jobcenter zur Erstattung von 702,10 € auf. Hiergegen legte das beklagte Jobcenter unter dem 8. Mai 2017 Erinnerung (S 34 SF 84/17 E) ein und führte aus, die Verfahrensgebühr sei lediglich in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr gerechtfertigt. Hierauf sei die Geschäftsgebühr für das Vorverfahren anzurechnen.

Unter dem 5. Juli 2017 hat auch der Beschwerdegegner Erinnerung (S 34 SF 189/17 E) eingelegt. Die Verfahrensgebühr sei lediglich in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr angemessen. Eine fiktive Terminsgebühr sei nach Annahme eines Teilanerkenntnisses und Beendigung des Verfahrens durch Erledigungserklärung nicht entstanden. Es ergebe sich folgende Berechnung:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102 VV RVG

 200,00 €

Anrechnung Beratungshilfe

 - 42,50 €

Anrechnung Geschäftsgebühr

gem. Vorbem. 3 (4) RVG

- 100,00 €

Post- u. Telekom. Pauschale

Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

Zwischensumme

 77,50 €

Mehrwertsteuer

Nr. 7008 VV RVG

 14,73 €

Gesamtsumme

92,23 €

Hierauf hat der Beschwerdeführer erwidert und vorgetragen, die zur Auszahlung gebrachten Gebühren seien gerechtfertigt. Zudem habe es sich um ein vollständiges und kein Teil-Anerkenntnis gehandelt. Beratungshilfe sei nicht gewährt worden.

Mit Beschluss vom 21. Dezember 2017 hat der UdG des SG der Erinnerung des Beschwerdegegners teilweise abgeholfen und die Vergütung des Beschwerdeführers auf 261,80 € festgesetzt. Der Beschwerdeführer habe 440,30 € an die Landeskasse zu erstatten. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Verfahren sei durch Teilanerkenntnis beendet worden. In diesen Fällen entstehe keine fiktive Terminsgebühr. Es ergebe sich folgende Berechnung:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102 VV RVG

 300,00 €

Anrechnung Geschäftsgebühr

gem. Vorbem. 3 (4) RVG

- 100,00 €

Post- u. Telekom. Pauschale

Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

Zwischensumme

 220,00 €

Mehrwertsteuer

Nr. 7008 VV RVG

 41,80 €

Gesamtsumme

261,80 €

Abzüglich Zahlung

- 702,10 €

Erstattungsbetrag

 440,30 €

Gegen den ihm am 4. Januar 2018 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer unter dem 9. Januar 2018 Anschlusserinne...

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