Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf einstweiligen Rechtsschutz in einem laufenden Überprüfungsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Wird im Rahmen eines laufenden Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB 10 ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, so sind besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu stellen. Soll ein bestandskräftiger Bescheid in einem solchen Verfahren zurückgenommen werden, so ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungsverfahren bzw. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten.

2. Wegen der besonders strengen Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes ist es erforderlich, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt werden.

3. Sind keine Tatsachen vorgetragen oder glaubhaft gemacht, die es dem Antragsteller unzumutbar machen, in Anbetracht des angefochtenen bestandskräftigen Bescheides die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten, so ist der Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz zurückzuweisen.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Auszahlung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende an sie in voller Höhe.

Die Antragsteller sind miteinander verheiratet und beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Antragsgegner bis heute laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Sie bewohnen ein im Jahr 1921 erbautes, in ihrem Eigentum stehendes Wohnhaus mit einer Wohnfläche von 89 qm.

Im Jahr 2009 bezogen sie regelmäßig SGB II-Leistungen, wobei der Antragsgegner für die Kosten der Unterkunft (KdU) ohne Heizung nachfolgende Leistungen bewilligte: Im Januar und Februar 95,23 EUR/Monat, März bis Mai 98,39 EUR/Monat, Juni bis Dezember 96,56 EUR/Monat. Zusätzlich erhielten sie im April 2009 einen einmaligen Betrag i.H.v. 32,84 EUR zur Beseitigung einer Heizungsstörung. Zum Austausch des defekten Wasserfilters und der Zirkulationspumpe wurde ihnen ein Betrag i.H.v. 635,64 EUR bewilligt. Schließlich erhielten sie im Dezember einen Betrag i.H.v. 78,61 EUR für den Austausch einer defekten Hofbeleuchtung.

Im September 2009 beantragten sie beim Antragsgegner die Übernahme der Kosten einer Reparatur der Schornsteinköpfe. Der Bezirksschornsteinfeger hatte sie unter Fristsetzung zum 31. Oktober 2009 aufgefordert, Mängel an den Schornsteinköpfen zu beseitigen. Diese befänden sich in einem schlechten baulichen Zustand. Es bestehe akute Einsturzgefahr. Dem Antrag auf Kostenübernahme fügten sie drei Kostenvoranschläge bei. Der Antragsgegner bewilligte den Antragstellern mit Bescheid vom 13. Oktober 2009 daraufhin ein Darlehen i.H.v. 4.240,57 EUR. Er orientierte sich dabei am Kostenangebot der Fa. P.r St ... Vom Kostenvoranschlag zog er die Kosten für den Aufbau eines Gerüsts ab, da dieses aufgrund der zuvor durchgeführten Dachsanierung nach Angaben der Antragsteller noch stehe. Das Geld werde direkt auf das Konto der bauausführenden Firma überwiesen. Das Darlehen sei nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II durch monatliche Aufrechnung i.H.v. 65,00 EUR ab 1. Dezember 2009 seitens der Antragsteller zu tilgen. Die Antragsteller legten gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch ein.

Mit Schreiben vom 12. November 2009 informierte der Antragsgegner die Antragsteller darüber, dass er aufgrund des gewährten Darlehens wegen der Erneuerung der Schornsteinköpfe ab 1. Dezember 2009 einen Betrag i.H.v. 64,60 EUR/Monat von der Regelleistung einbehalten werde. Gegen dieses Schreiben legten die Antragsteller unter dem 24. November 2009 Widerspruch ein. Es bestehe keine Rechtsgrundlage, den angekündigten Betrag einzubehalten. Diesen Widerspruch verwarf der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2010 als unzulässig. Im Schreiben vom 12. November 2009 sei keine eigenständige Entscheidung getroffen worden. Die Antragsteller erhoben gegen diesen Widerspruchsbescheid Klage beim Sozialgericht Magdeburg (S 23 AS 270/10).

Bereits am 13. Januar 2010 haben die Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung und auf sofortige Vollzugsaufhebung beim Sozialgericht gestellt. Sie hätten im Januar 2010 nur eine Zahlung i.H.v. 423,88 EUR vom Antragsgegner erhalten. Eine Rechtsgrundlage für den Einbehalt von Leistungen bestehe nicht. Es seien die vollen, im Änderungsbescheid vom 3. September 2009 ausgewiesenen Leistungen (488,48 EUR) auszuzahlen. Das an sie ausgereichte Darlehen i.H.v. 4.240,57 EUR sei als Zuschuss zu gewähren. Im Erörterungstermin am 23. Juni 2010 haben die Antragsteller einen Antrag auf Überprüfung des Darlehensbescheides vom 13. Oktober 2009 gestellt.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 28. Juli 2010 den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführ...

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