Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfevergütung nach dem RVG

 

Leitsatz (amtlich)

Im Einzelfall ist bei unterdurchschnittlichem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit eine Verfahrensgebühr von zwei Drittel der Mittelgebühr angemessen.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 28. Januar 2021 und der Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 20. Oktober 2017 werden geändert: Die aus der Prozesskostenhilfe an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung wird auf insgesamt 764,90 € festgesetzt, so dass an ihn noch ein Betrag von 562,60 € aus der Landeskasse zu zahlen ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitgegenständlich ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer für ein Klageverfahren nach Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse als Beschwerdegegner zusteht.

In dem seit dem 7. März 2017 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) anhängigen und mittlerweile erledigten Klageverfahren S 4 AS 651/17 vertrat der Beschwerdeführer einen Kläger im Streit um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Verurteilung des beklagten Jobcenters zur Übernahme der vollen Kosten für ein Widerspruchsverfahren. Dieses hatte im angegriffenen Widerspruchsbescheid nur eine Kostenquote von 28 % verfügt.

Der Beschwerdeführer begründete die Klage in einem halbseitigen Schriftsatz (ohne Rubrum). Er fertigte eine weitere halbseitige Stellungnahme vom 4. August 2017. Mit Beschluss vom 14. August 2017 bewilligte das SG PKH und ordnete den Beschwerdeführer bei. Am 22. September 2017 wurde antragsgemäß ein PKH-Vorschuss in Höhe von 202,30 € an den Beschwerdeführer angewiesen.

Im Erörterungstermin vom 27. September 2017 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach das beklagte Jobcenter nunmehr 70 % der Kosten des Widerspruchsverfahrens und 50 % der Kosten des Klageverfahrens übernahm.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 28. September 2017 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung seiner Vergütung aus der PKH wie folgt:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102 VV RVG

300,00 €

Terminsgebühr

Einigungsgebühr

Nr. 3106 VV RVG

Nr. 1006, 1005 VV RVG

280,00 €

300,00 €

Fahrtkosten (122 km) zu 1/6

Nr. 7003 VV RVG

6,10 €

Tage- und Abwesenheitsgeld zu 1/6

Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG

6,67 €

Post- und Telekom. Pauschale

Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

912,77 €

Mehrwertsteuer

Nr. 7008 VV RVG

173,43 €

Kostenforderung

1.086,20 €

Abzüglich Vorschuss

- 202,30 €

Erstattungsbetrag Landeskasse

883,90 €

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG (UdG) setzte mit Beschluss vom 20. Oktober 2017 die noch aus der Landeskasse zu erstattenden Kosten für das hiesige Verfahren auf insgesamt 645,90 € fest:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102 VV RVG

200,00 €

Terminsgebühr

Einigungsgebühr

Nr. 3106 VV RVG

Nr. 1006, 1005 VV RVG

280,00 €

200,00 €

Post- und Telekom. Pauschale

Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Fahrtkosten (1/6)

Nr. 7003 VV RVG

6,10 €

Tage- und Abwesenheitsgeld (1/6)

Nr. 7005 VV RVG

6,67 €

Zwischensumme

712,77 €

Mehrwertsteuer

Nr. 7008 VV RVG

135,43 €

Kostenforderung

848,20 €

Abzüglich Vorschuss

- 202,30 €

Erstattungsbetrag Landeskasse

645,90 €

Zur Begründung führte sie aus, Aufwand, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien im Vergleich zu anderen sozialgerichtlichen Verfahren nicht als durchschnittlich zu beurteilen. Die Berücksichtigung einer Verfahrensgebühr in Höhe von zwei Drittel der Mittelgebühr erscheine angemessen.

Am 29. Januar 2018 machte die UdG einen Forderungsübergang nach § 59 RVG geltend und forderte das beklagte Jobcenter zur Erstattung von 424,10 € auf. Hiergegen legte das beklagte Jobcenter am 6. August 2018 Erinnerung ein und führte aus, die angesetzte Verfahrensgebühr sei unbillig. Es sei lediglich eine Verfahrensgebühr abzüglich der Anrechnung der Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren von 100 € zu rechtfertigen.

Am 13. August 2018 hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt: Die in Ansatz gebrachten Gebühren seien vollumfänglich gerechtfertigt. Insbesondere sei die Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr anzusetzen. Es seien mehrere Stellungnahmen gefertigt worden.

Zudem hat der Beschwerdegegner für die Landeskasse unter dem 10. Dezember 2018 Erinnerung gegen den PKH-Festsetzungsbeschluss eingelegt und ausgeführt, bei der Festsetzung der Verfahrensgebühr seien tatsächlich geleistete Zahlungen auf die vorgerichtliche Geschäftsgebühr - hier in Höhe von 70 € - anzurechnen. Die Vergütung betrage daher insgesamt 562,60 €.

Mit Beschluss vom 28. Januar 2021 hat das SG auf die Erinnerung des Beschwerdegegners die von diesem an den Beschwerdeführer zu erstattende Vergütung auf 562,60 € festgesetzt und die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen: Die Verfahrensgebühr sei mit zwei Drittel der Mittelgebühr und damit ...

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