Entscheidungsstichwort (Thema)
Angelegenheiten nach dem SGB XII (SO)
Leitsatz (amtlich)
Zum einstweiligen Rechtschutz gegen die von dem Sozialhilfeträger angeordnete sofortige Vollziehung eines Bescheides über die Aufhebung der Bewilligung eines Persönlichen Budgets nach Kündigung der Zielvereinbarung bei Fehlverwendung der bewilligten Mittel.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. Juni 2024 geändert und die Beschlussformel neu gefasst: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 23. Januar 2024 wird, unter Abzug der an die P. Stiftungen seit dem 1. März 2024 und an die Antragstellerin mit dem Persönlichen Budget in Höhe von 4.390,00 € seit dem 1. Juni 2024 bereits geleisteten Zahlungen vom Persönlichen Budget entsprechend dem Bescheid vom 7. März 2022, bis zum 31. Dezember 2024, längstens bis zur Bekanntgabe bzw. Zustellung des Widerspruchsbescheides zu dem gegen den Bescheid vom 23. Januar 2024 eingelegen Widerspruch, angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin abgelehnt und die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu einem Viertel zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (im Folgenden: Ag.) wendet sich dagegen, dass das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Weiteren: Ast.) gegen den Bescheid vom 23. Januar 2024 „in der Fassung des Änderungsbescheides“ vom 26. Januar 2024 „wiederhergestellt“ hat.
Die am ... 1992 geborene Ast. ist als Folge einer Meningitis mit Bildung eines Hirnabszesses im Säuglingsalter insbesondere durch eine spastische Hemiparese und Hemiplegie, ein hirnorganisches Psychosyndrom, eine schwere Dysarthrie sowie eine schwere Intelligenzminderung beeinträchtigt. Bei ihr ist seit dem 10. Januar 1994 ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen „G“, „H“ und „B“ anerkannt. Seit der Reform der Pflegeversicherung bezieht sie Pflegegeld nach dem Pflegegrad 5, das ihre zur gesetzlichen Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten und Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten bestellte Mutter monatlich vom Girokonto der Ast. zumindest anteilig auf ihr eigenes Girokonto überweist (zunächst zu einem Drittel, zumindest von Juni 2022 bis Juli 2023 vollständig, ab August 2023 wieder zu einem Drittel).
Zu den Voraussetzungen für Eingliederungshilfeleistungen nach§ 99 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - SGB IX) für die Ast. ist von den Fachärztinnen für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. und H. für den Sozialpsychiatrischen Dienst der Landeshauptstadt M. (im Folgenden: Landeshauptstadt) - ohne Angaben zu bei der Ast. erhobenen Befunden - die amtsärztliche Stellungnahme vom 23. September 2021 erstellt worden. Bei der Befragung seien zudem die Mutter der Ast. und die „Anwältin der Familie Fr. L..“ (nach der für den Termin bei der Begutachtung zu Lasten des Persönlichen Budgets der Ast. gebuchten Rechnung vom 25. Oktober 2021 der im Beschwerdeverfahren bevollmächtigte Rechtsanwalt M. L. die im Beschwerdeverfahren bevollmächtigte Rechtsanwältin K. L. [im Folgenden: der/die Verfahrensbevollmächtigte] - Vorsitzende/r des Bundesarbeitsgemeinschaft Persönliches Budget e.V.) und der „Partner der Mutter“ anwesend gewesen. Die Ast. sei, seit im Jahr 1993 ihr Vater verstorben sei, von ihrer Mutter versorgt worden und lebe nach der Betreuung in verschiedenen besonderen Wohnformen seit dem Jahr 2015 in einer eigenen Wohnung. Die Ast. verbringe die Wochenenden bei ihrer Mutter und „deren neuem Lebenspartner“. Sie verbringe ihre Freizeit „in der Familie“, höre gerne Musik, reite und schwimme und sei insgesamt in der Familie gut integriert. Neben der körperlichen Behinderung bestehe als vorrangiges Leitsymptom die geistige Behinderung, insbesondere eine schwere Intelligenzminderung. In der Zeit vor der Begutachtung hätten sich das Gangbild massiv verschlechtert und die Sturzneigung zugenommen. Die teilweise erheblichen Verhaltensstörungen in der Vergangenheit seien in der Häuslichkeit unter der aktuellen Betreuungssituation weniger ausgeprägt. In der Fördergruppe der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) träten Verhaltensstörungen je nach Stresssituation weiterhin gehäuft auf. Auch in Zukunft seien krisenhafte Zuspitzungen im Bereich des Verhaltens, insbesondere in Stresssituationen, nicht auszuschließen. In den vorliegenden ärztlichen, therapeutischen und sozialpädagogischen Befundberichten werde gut dokumentiert, dass es in der Vergangenheit bei Aufenthalten der Ast. in stationären Einrichtungen zu erheblichen Verhaltensstörungen gekommen sei. Insbesondere in den Nächten sei es immer wieder zu Verhaltensauffälligkeiten gekommen, die einer intensi...