Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. häusliche Krankenpflege. medizinische Behandlungspflege/außerklinische Intensivpflege während des Besuchs einer Kindertagesstätte. einstweiliger Rechtsschutz
Orientierungssatz
Zur Geltendmachung des Anspruch eines Kindes auf medizinische Behandlungspflege/außerklinische Intensivpflege während des Besuchs einer Kindertagesstätte im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 4. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Weiteren: Ast.) einen Anspruch auf vorläufig bis zu 200 Stunden im Monat häusliche Krankenpflege durch eine medizinische Fachkraft entsprechend der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Verordnung des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Dr. K. vom 24. November 2021 hat.
Bei der am ... 2016 geborenen Ast. ist ein symptomatisches West-Syndrom diagnostiziert worden. Es handelt sich hierbei um eine Form seltener und schwer zu behandelnder generalisierter maligner Epilepsie, die altersgebunden ist und den Manifestationsgipfel durchschnittlich im fünften Monat erreicht. Im Übrigen sind bei der Ast. eine kombinierte Entwicklungsstörung und eine angeborene Fehlbildung der Herzscheidewand festgestellt worden. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen „G“, „aG“, „H“ und „B“ anerkannt.
Die bei der beigeladenen Krankenkasse errichtete Pflegekasse leistet seit dem 1. Mai 2019 Pflegegeld nach dem Pflegegrad 4 für die Pflege der Ast. durch ihre Mutter und Großmutter.
Die Ast. besuchte zunächst seit Januar 2019 eine integrative Kindertagesstätte in der Stadt M. (im Folgenden: Stadt). Die Kosten hierfür übernahm die Stadt im Namen des Ag. im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe, zuletzt mit Bescheid vom 9. Februar 2021 für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2021. In der amtsärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vom 27. Januar 2021 wurde eine wesentliche Behinderung der Ast. mit dem Leitsymptom der geistigen Behinderung bestätigt. Aus gutachterlicher Sicht sei auf Grund der bestehenden gravierenden Entwicklungsdefizite die Förderung in einer integrativen Kindertagesstätte für weitere 12 Monate dringend notwendig.
Am 7. April 2021 ging bei der Stadt eine von der Beigeladenen als Antrag auf Leistungen zur sozialen Teilhabe weitergeleitete Verordnung für häusliche Krankenpflege ein. Der von der Beigeladenen eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) bejahte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 17. Mai 2021 mit einer Ergänzung vom 16. Juni 2021 die Voraussetzungen einer außerklinischen Intensivpflege nach § 37c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) in Verbindung mit Nr. 24 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (Häusliche Krankenpflege-Richtlinie [HKP-RL]). Selbst nach Gabe des eventuell nötigen Notfallmedikaments sei die Kindereinrichtung nicht in der Lage, die Ast. fachgerecht bis zum Aufwachen zu überwachen, sodass, wenn die Eltern das Abholen nicht sicherstellen könnten, die Krankenhauseinweisung mit dem Ergebnis eines „Drehtüreffektes“ erfolge. Die Mutter der Ast. könne deshalb keine Arbeit annehmen oder entspannt notwendige Wege erledigen. Die Beigeladene teilte der Stadt mit Schreiben vom 23. Juni 2021 daraufhin mit, sich zu 50 Prozent an den Kosten zu beteiligten.
Die Beigeladene leitete mit Schreiben vom 16. Juli 2021 eine weitere Verordnung über häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2021 (Stundensatz nach dem beigefügten Vertrag für „Intensivpflege Kinder“ 38,50 € nach der mit verschiedenen Krankenkassen ab dem 1. Januar 2021 getroffenen Vergütungsvereinbarung) als Antrag auf Leistungen zur sozialen Teilhabe weiter. Die Stadt bewilligte der Ast. im Namen des Ag. als sachlich unzuständiger, zweitangegangener Träger im Sinne des § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - SGB IX) mit Bescheid vom 27. Juli 2021 für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2021 „die vorläufige Leistungsgewährung“ „analog der ärztlichen Verordnung vom 22.06.2021 bis zu 200 h/Monat, nach den Regelungen des § 37 SGB V“. Die Leistungsabrechnung erfolge direkte mit dem Pflegedienst.
Die Ast. zog mit ihrer Mutter im September 2021 in die Stadt S. im S-Kreis (im Folgenden: Landkreis) um, der auch der für den Wohnort zuständige örtliche Sozialhilfeträger ist. Die Ast. bezieht in der Bedarfsgemeinschaft mit ihrer arbeitslosen, alleinerziehenden Mutter auch dort Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II), auf die das Kindergeld und Leistungen nach dem Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhalts...