Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Berücksichtigung von Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit. Absetzung von Werbungskosten. Nachweis höherer Ausgaben. Nichtberücksichtigung der Finanzierungskosten für Kraftfahrzeug
Leitsatz (amtlich)
Darlehensraten für ein vor Leistungsbeginn erworbenes Kfz sind nicht gem § 11 SGB 2 iVm § 3 Abs 1 Nr 3 Alg II-V aF (juris: AlgIIV) bei der Einkommensbereinigung zu berücksichtigen. Die Formulierung "höhere notwendige Ausgaben" bezieht sich nur auf die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Normenkette
SGB VII § 11; Alg II-V a.F. § 3 Abs. 1 Nr. 3b; EStG § 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Tenor
Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsverfahren werden abgelehnt.
Gründe
I.
Die Kläger und Berufungskläger begehren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für zwei Berufungsverfahren. Der Kläger zu 2. hat seine Berufung in dem Verfahren L 5 AS 465/10 zurückgenommen. Die Kläger wenden sich nur noch dagegen, dass im Rahmen der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) die Raten für einen Kfz-Darlehensvertrag vom anzurechnenden Einkommen eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft nicht abgesetzt worden sind.
Die Klägerin zu 1. und ihr minderjähriger Sohn, der Kläger zu 2., bezogen ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Der ab September 2006 zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kläger zu 2. hatte davor keine Leistungen nach dem SGB II erhalten. Er erzielte versicherungspflichtiges Einkommen aus einer Beschäftigung in monatlich wechselnder Höhe. Aufgrund eines am 15. Juli 2004 geschlossenen Kfz-Kaufvertrags hatte er 84 Monatsraten zu je 182,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte ermittelte ab September 2006 den Leistungsanspruch unter Zugrundelegung einer monatlichen Regelleistung für die drei Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Klägerin zu 1. sowie der Kosten der Unterkunft und Heizung. Auf den Gesamtbedarf rechnete er das Kindergeld sowie das bereinigte Nettoeinkommen des Klägers zu 3. an.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 28. März 2007, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2007 sowie des Änderungsbescheids vom 7. Januar 2008 bewilligte der Beklagte Leistungen für die Zeit von November 2006 bis April 2007. Mit zwei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 28. März 2007 forderte der Beklagte von dem Kläger zu 3. Leistungen in Höhe von 86,72 EUR und von den Klägern zu 1. und 2. in Höhe von 125,08 EUR zurück. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 7. Januar 2008 forderte der Beklagte von den Klägern zu 1. und 2. einen weiteren Betrag in Höhe von 210,35 EUR zurück.
Dagegen haben die Kläger am 1. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht Stendal erhoben (S 43 AS 517/07). Sie haben sich gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide gewendet und höhere Leistungen nach dem SGB II beantragt. Insoweit haben sie geltend gemacht, die Kfz-Darlehensraten seien zusätzlich vom Einkommen abzusetzen.
Mit Bescheid vom 28. März 2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24. Mai 2007, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. September 2007, hat der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit von Mai bis Oktober 2007 Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Auch hiergegen haben die Kläger am 1. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht Stendal erhoben (S 43 AS 525/07) und hinsichtlich der Höhe der begehrten Leistungen wiederum die Berücksichtigung der Kfz-Darlehensraten geltend gemacht.
Das Sozialgericht hat mit zwei Urteilen vom 13. August 2010 in der Sache S 43 AS 517/07 die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide aufgehoben und die Klage hinsichtlich der begehrten höheren Leistungen abgewiesen. In dem Verfahren S 43 AS 525/07 hat das Sozialgericht den Klägern für die Zeit von Juni bis Juli 2007 höhere Leistungen bewilligt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Frage des Abzugs der Kfz-Darlehensraten vom Einkommen hat es jeweils ausgeführt: Es handele sich nicht um Kosten im Sinne von § 3 Nr. 3b der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V). Diese Vorschrift beziehe sich nur auf die Kosten der Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte. Es erscheine zumindest zweifelhaft, ob nach dem Willen des Verordnungsgebers hiervon auch die Kosten der Fahrzeugfinanzierung erfasst sein sollten. Nach Sinn und Zweck der §§ 19 f. SGB II könnten die Fahrzeugfinanzierungskosten auch nicht als sonstige Werbungskosten vom Einkommen abgesetzt werden. Anderenfalls würden die steuerfinanzierten Grundsicherungsleistungen den Erwerb eines Fahrzeugs ermöglichen. Zu dessen Finanzierung seien die Erwerbstätigenfreibeträge zu verwenden. Es könne offen bleiben, ob die Kostenübernahme eine Eingliederungsleistung im Sinne von § 16 SGB II darstellen könne. Denn über eine...