Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Geschäftsführer einer Familien-GmbH. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Auswirkungen einer behaupteten Befreiung von der Versicherungspflicht im Beitrittsgebiet vor dem 1.1.1992
Leitsatz (amtlich)
Zu einer Versicherungspflicht für vier Geschäftsführer einer Familien-GmbH (zwei Väter mit jeweils einem Sohn) und den Auswirkungen einer behaupteten Befreiung von der Versicherungspflicht im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. September 2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Den Beigeladenden sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beigeladenen zu 1. bis 4. vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 ihre Tätigkeit als Geschäftsführer der die Berufung führenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübten und die diese Tätigkeit betreffende Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Höhe von 173.459,68 € rechtmäßig ist.
Die Beigeladenen zu 3. und 4. (geboren 1955 und 1959) sind Brüder; der Beigeladene zu 3. ist der Vater des Beigeladenen zu 2. (geboren 1982), der Beigeladene zu 4. ist der Vater des Beigeladenen zu 1. (geboren 1982).
Dem Antrag des Beigeladenen zu 4. unter dem 29. November 1991 auf Befreiung von der Versicherungspflicht in seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Versicherungsmakler entsprach die ehemalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit Bescheid vom 27. März 1992. Der Beigeladene zu 3. meldete am 5. März 1991 ein Gewerbe „Vermittlung von Bausparverträgen und Lebensversicherungen“ an. Von Mai 1989 bis Oktober 1991 wurden für ihn Beiträge zur Sozialversicherung auf Grund seiner Beschäftigung als Kraftfahrer bzw. seiner Arbeitslosigkeit abgeführt. Auf seinen Antrag erfolgte ab dem 1. Mai 1992 eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Gegenstand der von den Beigeladenen zu 3. und 4. mit Gesellschaftsvertrag vom 19. Dezember 2001 gegründeten GmbH ist ausweislich der Eintragungen im Handelsregister des Amtsgerichts S. (HRB ...) die Vermittlung von Kunden an Versicherungsgesellschaften und Bausparkassen zum Zwecke des Abschlusses von Verträgen über Versicherungen, Bausparen, Finanzierungen und Investment. An dem Stammkapital der Gesellschaft von 25.000,00 € hielten nach dem am 22. April 2009 notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag die Beigeladenen zu 1. und zu 2. jeweils 6.000,00 € (24 Prozent) sowie die Beigeladene zu 3. und zu 4. jeweils 6.500,00 € (26 Prozent). Nach § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages in dieser Fassung bedurften die von den Gesellschaftern in Angelegenheiten der Gesellschafter zu treffenden Bestimmungen der Beschlussfassung regelmäßig der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei je ein Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährte. Als Geschäftsführer waren bis zur Übertragung der Geschäftsanteile auf die Beigeladenen zu 1. und 2. mit Einzelvertretungsberechtigung die Beigeladenen zu 3. und 4. bestellt. Am 18. Mai 2009 wurden im Handelsregister auch die Beigeladenen zu 1. und 2. als Geschäftsführer (ohne Einzelvertretungsberechtigung) eingetragen.
Die Geschäftsführerverträge mit den Beigeladenen zu 3. und 4. vom 20. Dezember 2001 sahen mit der jeweiligen Ergänzung vom 28. Dezember 2006 ab dem 1. Januar 2007 ein Bruttogehalt von monatlich 5.600,00 € vor, das auch im streitigen Zeitraum noch gezahlt wurde. Im Übrigen wurde im Wesentlichen eine private Pkw-Nutzung abgerechnet. Die Geschäftsführerverträge mit den Beigeladenen zu 1. und 2. vom 23. April 2009 regelten mit der Ergänzung vom 28. April 2011 für den Beigeladenen zu 1. ab dem 1. Mai 2011 ein Bruttogehalt von monatlich 2.500,00 € und mit den Ergänzungen vom 28. April 2011 und 13. Februar 2013 für den Beigeladenen zu 2. ab dem 1. Mai 2011 ein Bruttogehalt von monatlich 2.000,00 € und ab dem 1. April 2013 ein Bruttogehalt von monatlich 2.100,00 €. Im Übrigen wurde jeweils im Wesentlichen eine private Pkw-Nutzung abgerechnet.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10. Juni 2016 änderten die Beigeladenen zu 1. bis 4. die Regelung in § 7 des Gesellschaftsvertrages dahingehend, dass die von den Gesellschaftern in Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung mit 100 Prozent der abgegebenen Stimmen erfolgen und auch die Beigeladenen zu 1. und 2. jeweils als Geschäftsführer einzelvertretungsberechtigt sind.
Die Beklagte führte bei der Klägerin am 13. April 2016 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 durch. Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 26. April 2016 zur sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellung für die Beigeladenen zu 1. bis 4. forderte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juli...