Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. GmbH-Geschäftsführer. 40% der Gesellschaftsanteile. Eintragung der Sperrminorität im Handelsregister erst nach dem streitigen Zeitraum. keine Rückwirkung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Sozialversicherungspflicht eines Geschäftsführers, der - neben seiner Ehefrau mit 60% - 40% der Gesellschaftsanteile hält, selbst wenn in einem Beschluss, der erst nach dem streitigen Zeitraum notariell beurkundet und in das Handelsregister eingetragen wurde, eine für Gesellschafterbeschlüsse erforderliche Mehrheit von 85% der Stimmen entgegen§ 54 Abs 3 GmbHG mit Rückwirkung vereinbart wurde.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 1. Juli 2022 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger als Geschäftsführer der beigeladenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) vom 1. April 2014 bis zum 16. September 2019 eine abhängige Beschäftigung ausübte.
Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 21. September 1988 gegründete GmbH, deren Satzung in der Gesellschafterversammlung vom 26. Juni 2006 grundlegend geändert wurde. Gegenstand des Unternehmens ist nach der Eintragung im Handelsregister (Amtsgericht S. HRB XXXX) seither: „Herstellung von mobilen Heizhäusern in Rahmenbauweise, Planung und Installation von Heizungs-, Sanitär- und stromerzeugenden Anlagen, Handel mit Heizungs- und Sanitärartikeln, energieberatende Maßnahmen, Behälterbau, Kernbohrungen.“ Das Stammkapital an der GmbH von 26.000 € hielt der Kläger zunächst allein. Nach der Übertragung von 60 Prozent (15.600 €) der Geschäftsanteile am 1. April 2014 an A. P.-G., der als Erzieherin berufstätigen Ehefrau des Klägers, hält der Kläger noch 40 Prozent der Geschäftsanteile (10.400 €). Der Gesellschaftsvertrag regelte zunächst in § 6 Abs. 6 Satz 1, dass Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der Stimmen verabschiedet werden. In Satz 2 dieser Regelung sind bestimmte Angelegenheiten mit dem Erfordernis der Zustimmung aller Gesellschafter genannt. Zu dem Gesellschaftsvertrag in dieser Fassung wird auf Blatt 14 bis 21 der Verwaltungsakte Bezug genommen. In den Gesellschafterversammlungen vom 1. April 2014 und 1. März 2017 wurde - jeweils ohne Eintragung in das Handelsregister - § 6 der Satzung der Beigeladenen geändert: Zunächst mit einem Zusatz „Gesellschafterbeschlüsse können jedoch nicht mit der einfachen Mehrheit der Stimmen verabschiedet werden. Für die Wirksamkeit des Beschlusses ist es erforderlich, dass mehr als 85 % der Stimmanteile zur Beschlussfassung jedweder Art notwendig sind“, dann mit Rückkehr zur ursprünglichen Regelung der einfachen Mehrheit. Zu den beiden Protokollen wird im Übrigen auf Blatt 41 und 42 der Gerichtsakte verwiesen.
Der Kläger wurde in der Gesellschafterversammlung vom 26. Juni 2006 zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beigeladenen mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, bestellt. Zu dem zwischen der Beigeladenen und dem Kläger geschlossenen „Anstellungsvertrag Gesellschafter-Geschäftsführer“ vom 1. Juni 2006 mit einem vereinbarten monatlichen Gehalt von 1.500 € wird auf Blatt 8 bis 10 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Zu den Änderungen des Vertrages mit einem monatlichen Gehalt von 2.500 € ab dem 1. März 2012 und 600 € ab dem 1. Juni 2016 (neu: dem Geschäftsführer wird ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt) wird auf Blatt 11 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Der Kläger hat nach seinen Angaben für Verbindlichkeiten der Beigeladenen Bürgschaften in Höhe von 320.000 € übernommen. Er ist im Übrigen seit dem Jahr 1999 im Rahmen eines Einzelunternehmens selbstständig erwerbstätig.
Es beantragten am 6. Juli 2016 der Kläger und am 5. August 2016 die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers. Die Beklagte stellte mit gleichlautenden, an den Kläger und die Beigeladene adressierten Bescheiden vom 26. Oktober 2016 fest, die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen werde seit dem 1. April 2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte unter Hinweis auf die Stimmrechtsverhältnisse und die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Versicherungspflicht von Geschäftsführern mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 als unbegründet zurück.
Mit der am 20. Oktober 2017 vor dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger den vorgenannten Bes...