Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründungspflicht der Behörde bei Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes
Orientierungssatz
1. Die behördliche Anordnung des Sofortvollzugs erfordert nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG eine Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses im konkreten Einzelfall, weshalb ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und das Interesse des Betroffenen hinter einem erheblichen öffentlichen Interesse zurücktreten muss.
2. Hierzu muss die Behörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen darlegen, die im konkreten Fall zur Annahme eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes geführt haben.
3. Fehlt die notwendige Begründung oder ist sie unzulänglich, so ist der Sofortvollzug rechtswidrig. Sie kann nicht nachgeholt oder ersetzt werden.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. Februar 2010 wird aufgehoben.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Beschwerdegegners vom 2. Februar 2010 wird wiederhergestellt.
Der Beschwerdegegner hat dem Beschwerdeführer die außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen ein Auskunftsersuchen nach § 60 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der am 2X. März 1970 geborene Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen nach dem SGB II. Er bewohnte gemeinsam mit der am 2X. Dezember 1972 geborenen A. L. ab dem 15. November 2000 eine gemeinsame Wohnung in der J-K.-Straße 7 in B. mit einer Wohnfläche von 48 m² und zwei Zimmern. Beide hatten zuvor in der Ko.-Straße 14 in B. gewohnt. Wegen einer Kündigung des Mietverhältnisses infolge Zahlungsverzugs hatte der Beschwerdeführer die gemeinsame Wohnung am 30. September 2004 verlassen; alleinige Mieterin blieb Frau L ... Ausweislich einer Vereinbarung vom 29. September 2004 sollte sie den Beschwerdeführer im Innenverhältnis von künftigen Mietzinsansprüchen sowie sonstigen Forderungen des Vermieters freistellen. In der Folgezeit bewohnte Frau L. die Wohnung allein. Der Beschwerdeführer wohnte zuletzt in der T.-K.-Straße 1a in B.
Frau L. hatte im November 2003 bei der St. Versicherungsgruppe eine Lebensversicherung über einen Betrag von 5.000 EUR abgeschlossen. Bezugsberechtigter im Todesfall war der Beschwerdeführer. Der Rückkaufwert der Versicherung betrug zum 1. Oktober 2009 ca. 350,00 EUR. Im Mai 2005 hatte Frau L. bei der V. Versicherungsgruppe (heute: G.) eine fondsgebundene Rentenversicherung abgeschlossen. Bezugsberechtigter im Todesfall sollte ebenfalls der Beschwerdeführer sein. Ausweislich eines Schreibens vom 14. Juni 2005 hatte sie die Begünstigung des Beschwerdeführers zugunsten ihrer Mutter widerrufen. Von der Volksfürsorge Versicherungsgruppe hat sie keine Bestätigung der Versicherungsänderung erhalten. Am 1. Oktober 2009 waren insgesamt 1.308,00 EUR eingezahlt worden. Beide Versicherungen sind von Frau L. am 15. Februar 2010 gekündigt worden.
Frau L. bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Da der Beschwerdegegner die Kosten für die Unterkunft und Heizung als unangemessen hoch ansah, wurden ihr Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung ab Juli 2005 nicht in vollem Umfang bewilligt. Dagegen wendete sich Frau L. erfolgreich in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Magdeburg (S 9 AS 476/09 ER, Beschluss vom 12. Juni 2009 und S 9 AS 1902/09 ER, Beschluss vom 29. Dezember 2009). Während des Leistungsbezuges von Frau L. fanden am 6. Juni 2006 und am 15. April 2008 Hausbesuche aufgrund anonymer Hinweise auf einen Lebenspartner statt. Dort fanden sich jeweils keine Hinweise auf eine Lebenspartnerschaft oder einen Mitbewohner.
Frau L. beantragte am 6. Oktober 2009 bei dem Beschwerdegegner die Zustimmung zu einem Umzug in eine 3-Raum-Wohnung mit 58 m² Wohnfläche im gleichen Haus. Ein Untermieter - der Beschwerdeführer - werde ein Einzelzimmer von 10,35 m² bewohnen. Es handele sich um einen zurzeit noch im Hause seiner Eltern lebenden "Arbeitskollegen im Praktikum". Küche, Bad sowie Korridor würden gemeinsam genutzt. Er werde sich mit 70,00 EUR/Monat an der Miete und den Betriebskosten beteiligen. Zur Begründung des Umzugs trug Frau L. vor, immer wieder wegen der hohen Wohnungskosten mit dem Beschwerdegegner im Streit zu liegen. Da sie früher belästigt worden sei, fühle sie sich in einer Wohngemeinschaft (WG) sicherer. Im Rahmen des Antrags auf Zusicherung zum Umzug gab der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers und von Frau L. unter dem 11. und 12. November 2009 an: Der Beschwerdeführer sei ein Bekannter, der in der Bedarfsgemeinschaft "nicht auftauchen" werde. Es bestehe keine Haushaltsgemeinschaft. Die jeweiligen Haushalte würden getrennt geführt, beide hätten eigene Lebensmittel und griffen nicht auf die Vorräte des anderen zu. Die Benutzung ...