Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ausschluss der Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes. Arbeitslosengeld II. Streit um eine Zusicherung nach § 22 Abs 4, Abs 5 SGB 2
Orientierungssatz
1. Die Beschwerde ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht kraft Gesetzes ohne Weiteres zulässig wäre, sondern erst noch der Zulassung bedürfte.
2. Nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist die Berufung zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR übersteigt. Der Streit um eine Zusicherung zur Übernahme der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung für eine bestimmte Wohnung nach § 22 Abs 4 und Abs 5 SGB 2 unterfällt dem Anwendungsbereich des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG, da sich aus der Zusicherung mittelbar ein Geldleistungsanspruch ergibt.
3. Im zeitlichen Umfang ist das Interesse der Zusicherung auf die Dauer eines Bewilligungsabschnitts, also auf sechs Monate bzw höchstens zwölf Monate (vgl § 41 Abs 1 S 4 und S 5 SGB 2), begrenzt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 25. April 2012 wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt T ...aus B -W. bewilligt.
Gründe
I.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichtsgerichts Dessau-Roßlau (SG), das ihn im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet hat, den Antragstellern und Beschwerdegegnern eine Zusicherung zur Übernahme der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der G.-H.-Straße ..., 2. OG links, im Ortsteil W. der Stadt B.-W. zu erteilen.
Die Antragsteller stehen im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Antragstellerin zu 1. bewohnte - nach Auszug ihres Ehemanns - gemeinsam mit ihren Kindern, der 19-jährigen Antragstellerin zu 2., dem 24-jährigen Antragsteller zu 3. und dem 15-jährigen Antragsteller zu 4. eine 85 m² große Mietwohnung in der R. S ... in W. Seit dem 1. Januar 2012 ist eine Gesamtmiete iHv 788,68 EUR (Miete mit Betriebskosten: 647,27 EUR; Heizkosten: 141,35 EUR) zu zahlen. Bereits mit einer Kostensenkungsaufforderung aus dem Mai 2011 wies der Antragsgegner die Antragsteller auf die unangemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) hin. Für einen 4-Personen-Haushalt seien eine Wohnungsgröße von 80 m², eine Kaltmiete iHv 378,00 EUR (4,20 EUR/m²) und Betriebskosten iHv 112,00 EUR (1,40 EUR/m²), insgesamt 448,00 EUR angemessen. Heizkosten dürften maximal 124,00 EUR (1,55 EUR/m²) betragen.
In der Folge beantragten die Antragsteller die Zusicherung der Übernahme der KdU für eine neue Wohnung und legten drei Mietangebote vor. Mit Bescheid vom 27. Dezember 2011 sicherte der Antragsgegner den Antragstellern die Übernahme der KdU für eine Wohnung in der K ... Straße in W ab Ablauf der Kündigungsfrist für die bisherige Wohnung zu. Laut Mietangebot war für die 63 m² große 4-Raum-Wohnung eine Gesamtmiete iHv 505,00 EUR (Kaltmiete: 315,00 EUR, Betriebskosten- und Heizkostenvorauszahlung jeweils 95,00 EUR) zu zahlen. Die Erteilung von Zusicherungen für die beiden anderen Wohnungen lehnte er ab.
Mit vorläufigem Änderungsbescheid vom 15. März 2012 bewilligte der Antragsgegner an KdU für Februar und März 2012 583,58 EUR zuzüglich 125,00 EUR Heizkosten und für April 2012 nur noch 523,00 EUR zuzüglich 125,00 EUR. Dazu führte er aus, die Antragsteller hätten nur noch bis einschließlich März 2012 darauf vertrauen können, Leistungen in dieser Höhe zu erhalten. Im April 2012 - bis zum Wirksamwerden der Wohnraumkündigung zum Monatsende - würden KdU iH der Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) geleistet. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 16. April 2012 hat er für Mai bis Juli keine KdU mehr anerkannt.
Nachdem die Antragsteller bei einer Besichtigung und Vermessung der Wohnung in der K ... Straße im März 2012 festgestellt hatten, dass diese für die Wohnbedürfnisse der Familie zu klein sei, stellten sie mit Schreiben vom 5. April 2012 bei dem Antragsgegner einen "Eilantrag auf Wohnungsgenehmigung", mit dem sie eine Zusicherung zu den KdU für die Wohnung in der G -H.-Straße, 2. OG links, in W. begehrten. Dorthin sind sie zum 1. Juni 2012 umgezogen.
Am 11. April 2012 haben sie bei dem SG um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt, ihnen eine Zusicherung für die Wohnung in der G.-H.-Straße, 2. OG links, zu erteilen. Dabei handelt es sich um eine 69 m² große 4-Raum-Wohnung, für die eine Gesamtmiete iHv insgesamt 571,68 EUR (Grundnutzungsgebühr 335,53 EUR, Betr...