Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. keine Beweisanordnung. keine Vergütungsfestsetzung nach dem JVEG. Vergütungsanspruch nach dem BGB. Verwirkung des Festsetzungsanspruchs. Vermerk „bestimmungsgemäß entschädigen”. Parteigutachten
Leitsatz (amtlich)
Hat das Gericht keine Beweisanordnung erlassen, kommt eine Vergütung nach dem JVEG nicht in Betracht. Daran ändert auch die richterliche Verfügung "bestimmungsgemäß entschädigen" nichts.
Orientierungssatz
1. Ein Vergütungsanspruch des Sachverständigen, der nicht iS von § 1 JVEG herangezogen worden ist, regelt sich nach den Bestimmungen des BGB.
2. Ein Anspruch auf Festsetzung der Vergütung nach § 4 JVEG ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung längere Zeit verstrichen und der Anspruchsberechtigte untätig geblieben ist, obwohl nach den Umständen des Falles zu erwarten gewesen wäre, dass er etwas zur Durchsetzung seines Anspruchs unternommen hätte.
Normenkette
JVEG § 1 S. 1 Nr. 1, § 4
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Halle, in dem die Festsetzung der Vergütung des Beschwerdegegners nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG) abgelehnt worden ist.
In dem beim Sozialgericht Halle anhängig gewesenen Klageverfahren S 3 R 275/06, in welchem die Beteiligten über einen Anspruch des Versicherten auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung stritten, stellte der Versicherte am 18. April 2007 einen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Einholung eines Gutachtens von dem Beschwerdegegner. Diesem wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 19. April 2007 mitgeteilt, die Einholung des beantragten Gutachtens werde davon abhängig gemacht, dass der Versicherte einen Betrag in Höhe von 1.500,00 EUR bis zum 31. Mai 2007 einzahle. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 83 der Gerichtsakte S 3 R 275/06 verwiesen.
Der Beschwerdegegner übersandte dem Sozialgericht Halle am 2. Juli 2007 ein "psychiatrisches Gutachten" vom 28. Juni 2007. Bereits mit Rechnung vom 8. Juni 2007 machte er für die Erstattung des Gutachtens eine Entschädigung in Höhe von 750,00 EUR geltend. Am 17. Juli 2007 schlossen die Beteiligten des o.g. Klageverfahrens zur Erledigung des Klageverfahrens einen Vergleich. Am 19. Juli 2007 wies der Kammervorsitzende eine bestimmungsgemäße Entschädigung des Beschwerdegegners an. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (im Weiteren: UdG) setzte unter dem 24. Juli 2007 die Entschädigung des Beschwerdegegners in Höhe von 750,00 EUR fest und wies die Auszahlung des Betrages an diesen an. Gleichzeitig forderte sie den Versicherten mit Schreiben vom 24. Juli 2007 zur Zahlung von 750,00 EUR an die Staatskasse auf. Die entsprechende Zahlung des Versicherten erfolgte am 7. August 2007. Dieser beantragte mit Schreiben vom 28. August 2007 die Übernahme der Kosten des Gutachtens vom 28. Juni 2007 auf die Staatskasse. Mit Beschluss vom 12. Dezember 2007 lehnte das Sozialgericht Halle diesen Antrag mit der Begründung ab, der Beschwerdegegner habe durch das Gericht keinen Gutachtenauftrag erhalten, sodass auch kein Gutachten nach § 109 SGG vorliege. Die dagegen vom Versicherten fristgerecht mit Schreiben vom 22. Januar 2008 eingelegte Beschwerde nahm dieser am 29. Februar 2008 zurück.
Die UdG verfügte unter dem 25. Januar 2008 die "Rückerstattung Vorschuss § 109 SGG" in Höhe von 750,00 EUR und forderte mit Schreiben vom selben Tag den Beschwerdegegner unter Bezugnahme auf den Beschluss des Sozialgerichts vom 12. Dezember 2007 auf, den Betrag in Höhe von 750,00 EUR an die Staatskasse zu erstatten. Ein Auftrag zur Erstattung eines Gutachtens habe nicht vorgelegen, sodass kein Anspruch auf Vergütung entstanden sei. Dies sei im Zusammenhang mit einer Kostenprüfung festgestellt worden.
Am 20. Februar 2008 legte der Beschwerdegegner gegen die "Zahlungsaufforderung" Beschwerde beim Sozialgericht Halle ein. Die UdG half unter dem 27. Februar 2008 der Beschwerde unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 12. Dezember 2007 nicht ab. Das Sozialgericht Halle wies mit Beschluss vom 24. August 2010 die Beschwerde als unzulässig zurück. Der Beschwerdegegner sei durch das Schreiben vom 25. Januar 2008 nicht beschwert. Es stehe ihm vielmehr frei, auf dieses Schreiben die Forderung zu begleichen. Dieses Forderungsschreiben stelle keinen Titel dar, denn insoweit müsse der Beschwerdeführer die Forderung gemäß § 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor einem Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit geltend machen. Gegen den ihm am 8. Oktober 2010 zugestellten Beschluss legte der Beschwerdegegner am 22. Oktober 2010 Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt mit de...