Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungsbefugnis des Rentenberaters auf einem Gebiet des Sozialrechts außerhalb der Rentenberatung

 

Orientierungssatz

1. Für die Zulassung zum mündlichen Verhandeln ist in der Regel die Zulassung als Rechtsbeistand i. S. des Rechtsberatungsgesetzes Voraussetzung. Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob Personen von der Mitwirkung im Verfahren auszuschließen sind, die hierdurch gegen das RBerG verstoßen würden.

2. Die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten als Rentenberater umfasst nicht das Tätigwerden auf dem Gebiet der Schwerbehinderung nach dem SGB 9. Die gebotene enge Auslegung des Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 2 RBerG verbietet ein Tätigwerden des Rentenberaters auf einem Rechtsgebiet außerhalb der eigentlichen Rentenberatung.

3. Außerhalb der Rentenberatung ist der Rentenberater unter den Voraussetzungen der sog. Annexkompetenz zum mündlichen Verhandeln nur dann zuzulassen, wenn der unmittelbare Zusammenhang zu diesem Rechtsgebiet so eng ist, dass die Wahrnehmung der eigentlichen Berufsaufgabe ohne die Annextätigkeit unmöglich gemacht oder doch unangemessen erschwert würde. Darüber hinaus muss es sich bei der zusätzlichen Tätigkeit um eine den Zwecken des Hauptgeschäftes dienende Nebentätigkeit handeln.

4. Der vom BSG geforderte konkrete und untrennbare Zusammenhang zwischen der Rentenberatung und dem zu prüfenden Annexverfahren aus einem anderen Gebiet des Sozialrechts führt nicht zu einem verfassungswidrigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Rentenberaters.

 

Tenor

Rentenberater B.  K.  wird als Prozessbevollmächtigter des Klägers im Berufungsverfahren zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Frage, ob sich der Kläger von seinem Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren vertreten lassen kann.

Der ... 1939 geborene Kläger beantragte am 12. Juni 2000 beim Beklagten die Feststellung einer Schwerbehinderung nach dem damaligen Schwerbehindertengesetz. Der Beklagte führte medizinische Ermittlungen durch und stellte mit Bescheid vom 24. August 2000 einen Grad der Behinderung (GdB) von 40 fest. Hiergegen legte der Kläger am 4. September 2000 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2001zurückwies.

Am 17. April 2001 hat der Kläger beim Sozialgericht Stendal Klage erhoben (Az. S 5 SB 23/01); am 26. April 2002 hat der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers seine Bevollmächtigung angezeigt und eine Vollmacht vom 22. April 2002 vorgelegt. Das Sozialgericht hat die Klage auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 mit Urteil vom 21. Mai 2003 abgewiesen.

Gegen das ihm am 23. Juni 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. Juli 2003 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt mit dem Ziel der Feststellung eines GdB von 50 eingelegt.

Der Senat hat vom Sozialgericht Stendal die Prozessakte des Rentenverfahrens (Az. S 2 RJ 59/02) beigezogen. Dem Verfahren lag die Ablehnung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit durch den zuständigen Rentenversicherungsträger zugrunde. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hatte der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers am 16. April 2002 Klage beim Sozialgericht Stendal erhoben und die Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit begehrt. Im Schriftsatz vom 17. Juni 2002 führte er u. a. aus:

"Dass der Kläger am 25. April 2002 einen Rentenantrag auf Altersrente für langjährig Versicherte gestellt hat, liegt darin begründet, dass der Kläger ab dem 27. September 2002 keine Einnahmen mehr hat. (…) Sollte dem Kläger eine Schwerbehinderung in Höhe von 50 v.H. gewährt werden, hätte auch hier die Beklagte die Rente abzuändern."

Am 25. April 2002 stellte der Kläger beim zuständigen Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Altersrente. In diesem Verwaltungsverfahren trat der Prozessbevollmächtigte nicht auf.

Das Sozialgericht holte ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. St.  vom 1. November 2003 ein, in dem die Leistungsfähigkeit des Klägers zur Verrichtung leichter Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen auf maximal drei Stunden eingeschätzt worden ist. Daraufhin bot der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 22. März 2003 die Beendigung des Verfahrens gegen Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab November 2001 an. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 17. Februar 2004 schlossen die Beteiligten einen Vergleich mit u. a. folgendem Wortlaut:

                   (…)

"1. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen bei einem Leistungsfall vom 31.07.2002 ab 01.08.2002 gemäß § 236 a SGB VI nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen aus dem Bescheid vom 12.07.2002." (…)

Im vorliegenden Berufungsverfahren hat der Berichterstatter mit Schreiben vom 7. November 2006 den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf die Möglichkeit der Zurückweisung seiner Prozessvertretung hingewiesen und um die Vorlage der Erlaubnisurkunde gebeten.

Der Prozessbevollmächtigte ...

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