Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren bezüglich Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II während eines Masterstudiums "Medizin, Ethik, Recht"

 

Orientierungssatz

1.Ein Bezug von Arbeitslosengeld II scheidet immer dann aus, wenn das BAföG eine Ausbildung überhaupt - unter welchen Voraussetzungen auch immer - als förderungsfähig regelt. Durch das SGB II sollen wegen der insoweit gleichen Zielrichtung (Sicherung des Lebensunterhalts des Auszubildenden) keine Umgehungstatbestände in Bezug auf das BAföG geschaffen werden.

2.Das Studium "Medizin, Ethik, Recht" ist kein konsekutiver Studiengang, bei dem der Masterstudiengang auf einem Bachelorstudiengang im Sinne einer gestuften Ausbildung aufbaut. Nur für ein solches Masterstudium besteht nach § 7 Abs. 1a BAföG eine abstrakte Förderungsfähigkeit.

3.Ein ergänzende Qualifizierung durch den Masterstudiengang "Medizin, Ethik, Recht" ist insgesamt nicht durch BAföG förderbar (vgl. ebenso zu einem Masterstudiengang "Master of Business Law and Taxation" LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. März 2010 - L 3 AS 95/09, Revision anhängig beim BSG - B 4 AS 145/10).

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 27. August 2010 wird aufgehoben. Dem Kläger wird für die Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Wähner, Halle/Saale, bewilligt.

 

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein erstinstanzliches Klageverfahren. In der Sache streiten die Beteiligten über Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) während eines Masterstudiums "Medizin, Ethik, Recht".

Der am ... 1981 geborene Kläger absolvierte von Oktober 2001 bis Dezember 2006 erfolgreich ein Studium der Rechtswissenschaften an der Martin Luther Universität Halle-Wittenberg. Zum Sommersemester 2007 nahm er an dieser Universität ein Masterstudium in dem Fach Medizin-Ethik-Recht auf. Bei diesem Studiengang handelt es sich nach § 2 Abs. 1 der Studienordnung um einen gebührenpflichtigen, nichtkonsekutiven Master-Studiengang, der im Profil eher forschungsorientiert ist und die Voraussetzungen als weiterbildend nach § 8 Abs. 3 der Allgemeinen Bestimmungen zu Studien- und Prüfungsordnungen für das Bachelor- und Master-Studium (ABStPOBM) erfüllt.

Am 13. März 2008 beantragte der Kläger bei der Arbeitsgemeinschaft SGB II Halle GmbH (ARGE), der Rechtsvorgängerin des Beklagten, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Er erziele Einkommen aus einer Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer Anwaltskanzlei in Höhe von 325 EUR monatlich und aus einer selbständigen Tätigkeit mit der Bezeichnung "Promotion, VIP-Betreuung" von voraussichtlich 200 EUR im gesamten Jahr 2008. Er legte eine Immatrikulationsbescheinigung für das Sommersemester 2008 im 3. Fachsemester Medizin-Ethik-Recht vor. Das Studentenwerk H. bescheinigte dem Kläger zur Vorlage bei der Wohngeldstelle, dass ein Anspruch im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) unter Beachtung seiner Ausführungen dem Grunde nach nicht feststellbar sei, weil eine weitere Ausbildung nach § 7 Abs. 2 BAföG betrieben werde, für die die Fördervoraussetzungen nicht vorlägen.

Die ARGE lehnte den Anspruch mit Bescheid vom 31. März 2008 ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch lägen nicht vor, weil er sich in einer dem Grunde nach im Rahmen des BAföG förderungsfähigen Ausbildung befinde. Hiergegen erhob der Kläger erfolglos Widerspruch. Im Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2008 führte die ARGE zur Begründung weiter aus, dass die weiterführende Ausbildung des Klägers dem Grunde nach nach § 7 Abs. 2 BAföG förderungsfähig sei, jedoch der Kläger nicht die Förderungsvoraussetzungen erfülle.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 4. Juli 2008 Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben und diese wie folgt begründet: Die aufgenommene Ausbildung sei keine Ausbildung, die im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist. So handele es sich nicht um ein Masterstudium, welches auf einem Bachelorstudiengang aufbaue. Nur für ein solches gestuftes System von Bachelor- und Masterstudiengang sei eine grundsätzliche Förderungsfähigkeit nach § 7 Abs. 1a BAföG gegeben. Er könne auch nicht auf eine abstrakte Förderungsfähigkeit nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BAföG verwiesen werden. Insoweit stelle Abs. 1a der Vorschrift für Masterstudiengänge eine abschließende Regelung dar.

Auf gerichtliche Anfrage hat das Studentenwerk H. am 18. Juli 2008 mitgeteilt, dass der vom Kläger aufgenommene Masterstudiengang "Medizin, Ethik, Recht" im Rahmen des § 7 Abs. 1a BAföG zunächst als abstrakt förderungsfähig anzusehen sei. Bei der Nr. 2 dieses Absatzes der Vorschrift, nach der der Auszubildende außer dem Bachelorstudiengang noch keinen Studiengang abgeschlossen haben darf, handele es sich um eine persönliche Vor...

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