Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten im sozialgerichtlichen Klageverfahren um einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid

 

Orientierungssatz

1.Seit dem 1. April 2008 ist die Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von Prozesskostenhilfe bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 EUR nur noch zulässig, wenn Prozesskostenhilfe (auch) wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist.

2.Im sozialgerichtlichen Verfahren ist es ausreichend, dass die Klage nur teilweise Aussicht auf Erfolg hat. Auch dann ist, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen, Prozesskostenhilfe vollem Umfang zu gewähren.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 6. Mai 2008 wird aufgehoben. Der Klägerin wird für die Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt, bewilligt.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt in einem sozialgerichtlichen Klageverfahren, in dem sie sich in der Sache gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten wendet, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 20. September 2006 der Klägerin Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 568,36 EUR/Monat für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis 30. April 2007 bewilligt. Nachdem die Klägerin die Einkommensbescheinigung ihres Lebenspartners bei der Beklagten eingereicht hatte, hob diese mit Bescheid vom 18. Januar 2007 die Bewilligung der Leistungen für November und Dezember 2006 ganz auf und forderte Leistungen in Höhe von 797,28 EUR zurück. Den hiergegen seitens der Klägerin eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2007 als unbegründet zurück. Am 6. September 2007 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stendal (SG) erhoben. Der angefochtene Bescheid genüge nicht dem in § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) normierten Bestimmtheitsgrundsatz, denn die Beklagte habe nicht dargelegt, wie sich der Rückforderungsbetrag konkret zusammensetze. Das zu berücksichtigende Einkommen des Lebenspartners sei zudem fehlerhaft errechnet worden. Sie hat gleichzeitig beantragt, ihr unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens zu bewilligen und hat unter dem 1. Oktober 2007 die erforderlichen Unterlagen eingereicht. Das SG hat diesen Antrag mit Beschluss vom 6. Mai 2008 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die Klage sei wahrscheinlich nur zu 42,06% erfolgreich. Bisher seien überschlägig Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 357,00 EUR angefallen. Hiervon sei ein Betrag in Höhe von 150,15 EUR (42,06%) über die Prozesskostenhilfe abdeckbar. Nach den von der Klägerin gemachten Erklärungen zu ihren Einkünften und Ausgaben habe sie Anspruch auf Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nur unter Zahlung einer monatlichen Rate von 60,00 EUR. Die im Rahmen der Prozesskostenhilfe maßgeblichen Kosten der Prozessführung von bisher 150,15 EUR über-stiegen nicht vier Monatsraten à 60 EUR, sodass ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 4 ZPO derzeit nicht bestehe. Der Beschluss sei nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unanfechtbar. Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 15. Mai 2008 Beschwerde eingelegt. Der Beschluss sei nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG unanfechtbar, da die Begründung für die Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe nicht ausschließlich auf ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestützt werde, sondern auf eine Prognose über die voraussichtlichen Erfolgsaussichten der Klage. Eine teilweise Bewilligung von Prozesskostenhilfe komme nicht in Betracht, sodass auch eine Quotelung der Rechts-verfolgungskosten nach der prozentualen Wahrscheinlichkeit der Erfolgsaussichten des sozialgerichtlichen Klageverfahrens über § 115 Abs. 4 ZPO nicht gedeckt sei.

Die Klägerin beantragt, ihr für die Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgericht Stendal vom 6. Mai 2008 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Die Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde erhalten, davon je-doch kein Gebrauch gemacht. Des SG hat die Sache zur Entscheidung dem LSG vorgelegt. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Gerichts- und Beschwerdeakte Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 6. Mai 2008 ist zulässig. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde gegen die Ablehnung von Anträgen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet sich nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO; die Regelungen sind durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes un...

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