Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung zur Übernahme außergerichtlicher Kosten für ein erledigtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
Orientierungssatz
1. In Fällen, in denen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines laufenden Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X gestellt wird (Zugunstenverfahren), sind besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrunds zu stellen, die es erforderlich machen, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt werden.
2. Eine Unterdeckung von monatlich 46,27 EUR bei einer vierköpfigen Familie reicht jedenfalls nicht aus, um eine Beeinträchtigung der sozialen und wirtschaftlichen Existenz in erheblicher Weise anzunehmen.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer begehren die Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Übernahme ihrer außergerichtlichen Kosten für ein erledigtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Die Beschwerdeführer beziehen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie haben monatliche Schuldzinsen in Höhe von 211,88 EUR für ein Eigenheim von 130 qm Größe aufzubringen, wobei der Kreditvertrag von den Eltern der Beschwerdeführerin zu 2. abgeschlossen worden ist. Nachdem die Beschwerdegegnerin zunächst mit durch Widerspruch angefochtenem Bescheid vom 11. Oktober 2005 die Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung abgelehnt hatte, war sie vom Sozialgericht Dessau-Roßlau mit Beschluss vom 10. Februar 2006 zur vorläufigen Erbringung der Kosten für Unterkunft und Heizung unter Hinzurechnung der Zinsaufwendungen ab dem 12. Januar 2006 verpflichtet worden (S 8 AS 38/06 ER).
Mit Bescheid vom 23. März 2006, gerichtet wie die Bescheide zuvor an den Beschwerdeführer zu 1., bewilligte die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführern vom 1. Februar bis 31. Mai 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dabei wurde ein monatlicher Heizkostenabschlag vom 133,27 EUR anerkannt. Ab Oktober 2006 würden nur noch die geminderten angemessenen Heizkosten in Höhe von 69,70 EUR übernommen. Dagegen legten die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. April 2006 Widerspruch ein und wandten sich auch gegen die angekündigte Absenkung der Heizkosten.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2006 bewilligte die Beschwerdegegnerin vom 1. Juni bis 30. November 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Für die Zeit bis September 2006 legte sie monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 434,29 EUR und ab Oktober 2006 in Höhe von 386,02 EUR zu Grunde. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Änderungsbescheid vom 24. August 2006 berücksichtigte die Beschwerdegegnerin eine Einkommensänderung und bewilligte vom 1. Juni bis 30. November 2006 abweichende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung änderte sie nicht. Auch dieser Bescheid enthielt eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung und wurde bestandskräftig.
Der Bevollmächtigte der Beschwerdeführer erinnerte mit Schreiben vom 4. September 2006 an seinen Widerspruch vom 20. April 2006 und machte Eilbedürftigkeit wegen des anstehenden Monats Oktober 2006 geltend. Nach seinem Vorbringen im Gerichtsverfahren sei ihm in einem Telefongespräch mit einer Mitarbeiterin der Beschwerdegegnerin am 29. September 2006 die Existenz des Bescheides vom 24. August 2006 mitgeteilt worden. Am 4. Oktober 2006 stellte der Bevollmächtigte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Rücknahme des Änderungsbescheides vom 24. August 2006 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X); gleichzeitig kündigte er die Durchführung eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes an.
Am 6. Oktober 2006 stellten die Beschwerdeführer einen Antrag auf einstweilige Anordnung beim Sozialgericht Dessau-Roßlau mit dem Ziel der Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Gewährung der Kosten für Unterkunft und Heizung in gesetzlicher Höhe. Mit Bescheid vom 10. Oktober 2006 bewilligte die Beschwerdegegnerin für die Zeit vom 1. Oktober bis 30. November 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1.115,57 EUR/Monat und berücksichtigte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 434,29 EUR. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.
Die Beschwerdeführer haben am 16. Oktober 2006 die Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Kostenübernahme beantragt. Diese hat sich auf den Standpunkt gestellt, sie sei nicht kostenpflichtig. Die Bescheide vom 17. Mai und 24. August 2006 seien bestandskräftig geworden. Gegen die Ankündigung einer beabsichtigten Kürzung ab Oktober 2006 im Bescheid vom 23. März 2006 habe nicht wirksam Widerspruch eingelegt werden können. Eine Bekanntgabe der Bescheide an den Bevol...