Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Bindung des Landessozialgerichts an eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts
Orientierungssatz
Hat das Sozialgericht die Berufung nicht zugelassen, sondern lediglich eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung seinem Urteil beigefügt, wonach die Berufung zulässig sei, so führt dies nicht zu einer Bindung der Berufungsinstanz i. S. des § 144 Abs. 3 SGG.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 17. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Beklagte Kosten für einen "integrativen Hortplatz" im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) zu übernehmen hat.
Bei der am ... 1999 geborenen Klägerin sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "aG", "B", "H" anerkannt. Sie erhielt in den Jahren 2014 und 2015 von der zuständigen Pflegekasse Leistungen nach der Pflegestufe III und zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI). Der beklagte überörtliche Sozialhilfeträger erbrachte seit dem 1. Oktober 2009 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Persönlichen Budgets in Höhe von zuletzt 34,67 EUR pro Monat. Dieser Betrag wurde auf der Grundlage der Zielvereinbarung gemäß § 4 der Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) (Budgetverordnung - BudgetV) vom 4. September 2014 im Rahmen der Leistungen der Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Sinne von §§ 53, 54 SGB XII auch für den Zeitraum bis zum 30. September 2015 bewilligt.
Die Klägerin besuchte seit August 2006 die Ch.schule - Förderschule für geistige Entwicklung (im Weiteren: Ch.schule) des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschlands gemeinnütziger e.V. S. (CJD) und seit August 2007 den Hortbereich der integrativen Kindertagesstätte des CJD (im Weiteren: Kita). Mit Bescheid vom 26. September 2007 gewährte der Landkreis M.-S. der Klägerin im Namen des Beklagten Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 SGB XII in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 SGB IX, d.h. Hortbetreuung in der Kita, zunächst für den Zeitraum von August 2007 bis zum Juli 2008 mit Weiterbewilligungen bis zum 31. Juli 2014. Im Rahmen einer Einzelfallentscheidung auf Antrag der Klägerin erfolgte auf Grund fehlender anderweitiger Betreuungsmöglichkeiten die Weiterbewilligung bis zum 31. August 2014.
Den Antrag der Klägerin vom 11. Juli 2014 auf Kostenübernahme für einen Hortplatz ab dem 1. September 2014 lehnte der Landkreis M.-S. mit Bescheid vom 16. Juli 2014 im Namen des Beklagten ab. Die Möglichkeit der Gewährung von teilstationärer Eingliederungshilfe bestehe nur für Kinder und Jugendliche mit einem Betreuungsanspruch nach dem Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt (Kinderförderungsgesetz - KiFöG). Ab Vollendung des 14. Lebensjahres könnten Jugendliche in einem Hort nach dem KiFöG nicht mehr aufgenommen werden. Dementsprechend entfalle auch die Leistungsbewilligung in Höhe der anteiligen Hortpauschale. Da in der integrativen Kita in S. die Möglichkeit bestehe, private Freizeitbetreuung in Anspruch zu nehmen, werde der Betreuungsbedarf abgedeckt; dieser könne zudem nicht der Eingliederungshilfe zugeordnet werden.
Hiergegen legte die Klägerin am 21. Juli 2014 Widerspruch mit der Begründung ein, die §§ 53, 54 SGB XII enthielten keine Regelung, dass Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ab Vollendung des 14. Lebensjahres nicht mehr gewährt werden dürfe. Bestehe ein behinderungsbedingter Mehrbedarf, so müsse dieser durch den Leistungsträger gedeckt werden. Eine alternative Betreuungsmöglichkeit könne sie - die Klägerin - behinderungsbedingt nicht wahrnehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin besuche mit der Ch.schule eine Förderschule für geistig behinderte Menschen. Nach § 8 Abs. 6 des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (SchulG LSA) unterbreiteten Förderschulen für geistig behinderte Menschen Ganztagsangebote. Diese Förderschulen gehörten nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f SchulG LSA zu den öffentlichen Schulen, deren Träger die Landkreise, Gemeinden oder das Land seien. Der überörtliche Träger der Sozialhilfe sei nicht Träger der Förderschulen und damit nicht der zuständige Träger für die Schaffung des Ganztagsangebotes. Die Schulleiterin habe auf telefonische Rückfrage angegeben, dass die Klägerin seit dem ersten Schultag des Schuljahres 2014/2015 nachmittags von 13.30 Uhr bis 16.00 Uhr in der Einrichtun...