Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Ausschluss der Beschwerde gegen die Entscheidung des Sozialgerichts im Vergütungsfestsetzungsverfahren. Nichtanwendbarkeit der Regelungen des RVG zur Beschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wegen der Regelung in § 197 SGG ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach richterlicher Entscheidung über die Erinnerung eine Beschwerde an das LSG ausgeschlossen.

2. Die Regelungen des SGG gehen denen des RVG, die eine Beschwerde vorsehen, vor.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 14. Mai 2008 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Landeskasse zu zahlenden Vergütung für die anwaltliche Tätigkeit in einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG).

Im Hauptsacheverfahren hatten die Kläger einen Rücknahme- und Erstattungsbescheid angefochten. Nachdem die Beklagte im schriftlichen Verfahren erklärt hatte, sie halte an einem Teil der festgesetzten Erstattung nicht mehr fest, schlossen die Beteiligten einen Vergleich, den das SG antragsgemäß gemäß § 278 Abs. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) in den Beschluss vom 25. Mai 2007 fasste.

Bereits mit Beschluss vom 30. März 2007 hatte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung bewilligt und den Erinnerungsführer und Beschwerdegegner (BG) beigeordnet. Zudem hatte er Beratungshilfe iHv 97,44 EUR erhalten.

Am 1. Juni 2007 beantragte der BG die Festsetzung von Gebühren iHv 976,99 EUR nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und dem zugehörigen Vergütungsverzeichnis (VV) zu § 2 Abs. 2 RVG: Verfahrensgebühr (VV Nr. 3103, 3102 einschl. Erhöhung gem. Nr. 1008) 221,00 EUR Terminsgebühr (VV Nr. 3106) 200,00 EUR Erledigungsgebühr (VV Nr. 1006, 1005) 190,00 EUR Einigungsgebühr (VV Nr. 1006, 1005) 190,00 EUR Post- und Telekommunikationspausch. (VV Nr. 7002) 20,00 EUR 821,00 EUR 19% Mehrwertsteuer (VV Nr. 7008) 155,99 EUR 976,99 EUR Die Erledigungsgebühr sei neben der Einigungsgebühr anzusetzen, weil die Beklagte zunächst an einem Teil der Rückforderung nicht mehr festgehalten und sich später über den Rest verglichen habe.

Am 3. September 2007 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Gebühren iHv 512,89 EUR fest: Verfahrensgebühr VV Nr. 3103 nebst Erhöhung 221,00 EUR Einigungsgebühr VV Nr. 1006, 1005 190,00 EUR Telekommunikationspauschale VV Nr. 7002 20,00 EUR 19% Mehrwertsteuer, VV Nr. 7008 81,89 EUR 512,89 EUR Die Terminsgebühr sei nicht angefallen, weil das Klageverfahren durch schriftlichen Vergleich geendet habe. Neben der Einigungsgebühr könne nicht zusätzlich eine Erledigungsgebühr abgerechnet werden.

Dagegen hat sich am 19. September 2007 der BG mit seiner Erinnerung gewandt und ausgeführt, die mündliche Verhandlung sei nur wegen des Vergleichsschlusses entfallen. Daher müsse die Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) berücksichtigt werden.

Auf einen Hinweis des SG hat der BG den Erhalt von Beratungshilfe iHv 97,44 EUR eingeräumt. Diese sei versehentlich nicht berücksichtigt worden und von der gestellten Kostenrechnung abzusetzen.

Mit Beschluss vom 14. Mai 2008 hat das SG die Rechtsanwaltsvergütung auf 709,24 EUR festgesetzt. Der BG habe Anspruch auf die Vergütung der Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) iH der beantragten Mittelgebühr des Betragsrahmens. Diese sei nicht nur bei Beendigung des Rechtsstreits durch schriftlichen Vergleich in sozialgerichtlichen Verfahren, die sich nach einem Streitwert bemessen, sondern auch in solchen, in denen - wie hier - die Gebühren nach dem Betragsrahmen abzurechnen seien, anzuwenden. Zwar sei die Beendigung des Hauptsacheverfahrens ohne die Durchführung eines Termins durch einen mit Beschluss des Gerichts bestätigten Vergleich in den Anmerkungen zu Nr. 3106 VV RVG nicht ausdrücklich genannt. Jedoch bestehe insoweit eine planwidrige Regelungslücke, die im Wege der analogen Anwendung von Nr. 3104 VV RVG zu schließen sei. Denn der Gesetzgeber habe bei der Änderung des Kostenrechts im Jahr 2004 die bisher in § 35 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) getroffene Regelung in das VV des RVG übernehmen wollen. Dies sei ihm jedoch nur unvollständig gelungen. Die auch in sozialgerichtlichen Verfahren mögliche Beendigung eines Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO durch Beschluss sei nicht erfasst. Die früher vorgesehene Gebühr habe die sonst für eine Vergleichsprotokollierung in einem Termin anfallende Terminsgebühr ersetzt und die Gerichte entlastet. Den Gesetzesmotiven lasse sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die sozialgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Abhängigkeit der Art ihrer Bemessung (Streitwert oder Rahmengebühr) unterschiedlich habe regeln wollen. Die gebührenrechtliche Außerachtlassung des Vergleichs im Beschlusswege habe zur Folge, dass der vom Gesetzgeber gewollte Anreiz zum Abschluss von Vergleichen - ohne mündliche Verhandlung - verloren gehe. Die Lücke in Nr. 3106 VV RVG se...

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