Entscheidungsstichwort (Thema)
Verrechnung einer Altersrente mit einem Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verrechnung von bestandskräftig festgestellten Forderungen des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit einem Anspruch auf Altersrente.
Orientierungssatz
1. Der Rentenversicherungsträger kann die von ihm gezahlte Altersrente mit einem Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers mit dessen Ermächtigung verrechnen, soweit der Rentenanspruch nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB 1 pfändbar ist. Der Verrechnungsbetrag ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Höhe der Rente mit dem zutreffend ermittelten Bedarf des hilfebedürftigen Rentenempfängers.
2. Ob es sich bei der Verrechnungsentscheidung um eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung oder um einen Verwaltungsakt handelt, ist streitig. Insoweit ist ein Verfahren vor dem Großen Senat des BSG anhängig.
3. Bei der Verrechnung handelt es sich um die teilweise Entziehung einer laufenden Leistung. Infolgedessen hat die Anfechtungsklage nach § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG keine aufschiebende Wirkung, mit der Folge, dass sich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG richtet.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben sich auch im Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Der 1947 geborene Antragsteller wendet sich gegen die Verrechnung von monatlich 75,00 EUR seiner Altersrente mit Erstattungsansprüchen der Jobcenter Arbeitsgemeinschaft M. GmbH.
Auf seinen Antrag vom 14. April 2005 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 3. April 2006 ab dem 1. April 2005 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Für die Zeit vom 1. April 2005 bis zum 31. Mai 2006 betrug die Nachzahlung 4.584,81 EUR. Der Antragsteller bezieht seit Juni 2008 Altersrente.
Die Forderung der Jobcenter Arbeitsgemeinschaft M. GmbH ergibt sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 23. März 2007 in Höhe von 986,00 EUR und dem Bescheid vom 25. April 2007 in Höhe von 107,31 EUR. Der Antragsteller ging gegen beide Entscheidungen erfolglos durch Widerspruch und Anfechtungsklage vor (rechtskräftige Urteile des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Dezember 2009, S 9 AS 906/07 und S 9 AS 1206/07).
Mit Schreiben vom 25. Juni 2009 ermächtigte die Bundesagentur für Arbeit die Antragsgegnerin, die Forderungen in Höhe von insgesamt 1.099,06 EUR gegen die bei ihr bestehenden Leistungsansprüche zu verrechnen. Die Antragsgegnerin hörte den Antragsteller zu der beabsichtigten Verrechnung seiner Rente mit einem sechsmaligen Betrag in Höhe von ca. 183,00 EUR an. Der Antragsteller beantragte beim Sozialamt die Ausstellung der durch die Landeshauptstadt M. unter dem 4. August 2009 erstellten Bedarfsermittlung. Hiernach besteht ein Einkommensüberhang in Höhe von 75,30 EUR. Mit Bescheid vom 14. April 2010 erklärte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller, dass ab dem Rentenmonat Juni 2010 eine monatliche Verrechnung in Höhe von 75,00 EUR vorgenommen werde. Hiergegen legte der Antragsteller am 10. Mai 2010 Widerspruch ein. Er wehre sich gegen die Berechtigung der zur Verrechnung gestellten Forderung und verweise auf seine laufenden Kosten in Höhe von 512,00 EUR (Miete 369 EUR, Versicherungen 41 EUR, Telefon 25 EUR, Benzin 30 EUR, TV 10 EUR, Strom 25 EUR und Zeitung 12 EUR). Nach Abzug weiterer 75,00 EUR verblieben ihm lediglich 255,00 EUR von seiner Rente. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2010 wies die Antragsgegnerin diesen Widerspruch zurück.
Der Antragsteller hat am 16. Juli 2010 beim Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Im Hinblick auf das Eilverfahren hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren dahingehend ergänzt, dass er über keine weiteren finanziellen Mittel verfüge. Auf seinem Konto sei kein Guthaben. Abweichend von seinen Angaben im Widerspruchsschreiben hat er nun höhere Ausgaben geltend gemacht: 400,00 EUR für die Miete (statt 369,00 EUR), 42,00 EUR für Versicherungen (statt 41,00 EUR), 30,00 EUR Strom (statt 25,00 EUR), 30 EUR Telefon (statt 25 EUR) und 12,00 EUR Fernsehen (statt 10,00 EUR).
Das SG hat mit Beschluss vom 23. Juli 2010 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Es hat das Vorbringen als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gewertet. Gemäß § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) könne der für Geldleistungen zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig sei. Die Antragsgegnerin sei für die Zahlung der Altersrente des Antragstellers zuständig und damit der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger im Sinne des § 52 SGB I. Die Bundesagentur für Arbeit als Betreiberin des Forderungsmanagements der Jobcenter Arbei...