Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit

 

Orientierungssatz

1. Ein Richter kann nach § 60 Abs. 1 SGG i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.

2. Finden sich in den maßgeblichen Unterlagen, die dem Gericht zur Verfügung stehen, keinerlei Anhaltspunkte für den erhobenen Vorwurf, so lässt sich aus dem Vorbringen des Antragstellers die Besorgnis einer Befangenheit nicht herleiten.

3. Vermeintliche Rechtsfehler des abgelehnten Richters sind ausschließlich in einem etwaigen Berufungsverfahren zu prüfen.

 

Tenor

Das Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 28. Mai 2010 gegen die Richterin B wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Anerkennung des Todes ihres Ehemannes als Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung, die Gewährung einer Verletztenrente sowie Hinterbliebenenleistungen.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit bei dem Verstorbenen ab. Nachdem die Klägerin hiergegen Widerspruch erhoben hatte, holte die Beklagte unter Überlassung von in Paraffin gebettetem Lungengewebe, welches von dem Verstorbenen stammen soll, die Stellungnahme des Chefarztes des Pathologischen Instituts der Städtischen Klinik F/H Prof. Dr. K. vom 10. Januar 2002 ein, der eine histologische Untersuchung des Gewebes vornahm.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2002 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Mit der am 13. Juni 2002 vor dem Sozialgericht Halle unter dem Aktenzeichen S 6 U 136/02 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Am 10. Januar 2003 hat die Klägerin den Antrag gestellt, von Prof. Dr. Dr. S. ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuholen und leistete am 17. Januar 2003 den geforderten Vorschuss in Höhe von 1.000 EUR. Im April 2003 hat der damalige Vorsitzende der 6. Kammer darauf hingewiesen, die Einholung des Gutachtens nach § 109 SGG werde zurückgestellt, weil noch Ermittlungen von Amts wegen vorgenommen würden und bat den Zeugen Dr. R. um schriftliche Beantwortung mehrerer Fragen.

In dem Erörterungstermin am 27. Januar 2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, er sei der Auffassung, das Gutachten von Prof. Dr. K. unterliege dem Verwertungsverbot, weil die Klägerin einer Übermittlung von geschützten Daten nicht zugestimmt habe. Es bestehe aber Einverständnis, dass die vorhandenen Schnittpräparate und bildgebenden Befunde Gegenstand einer weiteren Begutachtung werden.

Am 15. Februar 2005 hat die Klägerin beantragt festzustellen, dass das Gutachten des Prof. Dr. K. dem Verwertungsverbot unterliegt. Mit Schreiben an die Beklagte vom 17. August 2005 hat der damalige Vorsitzende der 6. Kammer des Sozialgerichts Halle diese Auffassung geteilt.

Nachdem das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 12. September 2006 die Selbstablehnung des damaligen Vorsitzenden der 6. Kammer für begründet gehalten hat, hat zunächst die Richterin Dr. E. den Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen S 15 U 136/02 fortgeführt.

Diese hat mit Beweisanordnung vom 4. Mai 2007 Prof. Dr. T. vom Institut für Pathologie der R-Universität B mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. In der Vorbemerkung zu den Beweisfragen hat sie darauf hingewiesen, dass das Gutachten von Prof. Dr. K. nach "derzeitiger Prüfung der Sach- und Rechtslage" möglicherweise unverwertbar sei, so dass es im Rahmen der "jetzigen Begutachtung" nicht herangezogen werden solle.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2007 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Gericht darauf hingewiesen, dass das Gutachten von Prof. Dr. K. wegen des Verwertungsverbotes vor der Versendung der Akten an Prof. Dr. T. aus der Akte zu entfernen sei.

Unter dem 13. Juni 2007 hat Prof. Dr. T. das fachpathologische Gutachten erstattet. Auf Anfrage der Richterin Dr. E., ob ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt werden solle, teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter dem 5. Juli 2007 mit, den Antrag nach § 109 SGG habe er bereits vor 4 Jahren gestellt und den Vorschuss eingezahlt. Er hat ferner angefragt, ob das Gutachten von Prof. Dr. K. vor dem Versand an Prof. Dr. T. aus der Akte entfernt worden sei und weshalb das Gericht sicher sei, dass die Gewebeproben dem Verstorben zuzurechnen seien.

Unter dem 16. Juli 2007 hat die damalige Vorsitzende dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, Prof. Dr. T. sei im Rahmen der Vorbemerkung zur Beweisanordnung vom 4. Mai 2007 darauf hingewiesen worden, das Gutachten von Prof. Dr. K. nicht heranzuziehen, weil es unverwertbar sei.

Am 26. Juli 2007 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, das Gutachten von Prof. Dr. K. sei unverzüglich vor der Beauftragung von Prof. Dr. Dr. S. aus der Akte zu entfernen, das Gutachten von Prof...

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