Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. häusliche Pflege. Übernahme der Kosten für eine besondere Pflegekraft. Beschäftigung im Arbeitgebermodell. Bewilligung eines persönlichen Budgets. Beachtung von Bestimmungen zum Schutz des Leistungsberechtigten. Nichtvorliegen einer selbstorganisierten ambulant betreuten Wohngemeinschaft. kein Leistungsanspruch nach dem UNBehRÜbk
Leitsatz (amtlich)
1. Das Persönliche Budget dient der Gewährleistung der Selbstbestimmung des Leistungsberechtigten iS einer größeren Autonomie. Es kann insbesondere nicht mit der Maßgabe gewährt werden, Bestimmungen zum Schutz des Leistungsberechtigten außer Acht zu lassen. Wenn die Art der Wohnform, in der der Hilfebedarf gedeckt werden soll, nach den Angaben des Leistungsberechtigten nicht der gesetzlichen Zuordnung entspricht, und die weiteren Umstände darauf hindeuten, dass nur der Rechtsschein einer selbstorganisierten ambulant betreuten Wohngemeinschaft iS von § 5 Abs 1 WTG LSA (juris: WohnteilhG ST) gesetzt wurde, ist das auf Übernahme der Kosten für selbst beschäftigte Pflegekräfte im Rahmen eines sog Assistenzmodells gerichtete Leistungsbegehren an anderen Vorschriften zu messen.
2. Ein bedingungsloser Zahlungsanspruch eines behinderten Menschen gegenüber dem Sozialhilfeträger lässt sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention (juris: UNBehRÜbk) nicht entnehmen (vgl Beschluss des Senats vom 22.1.2015 - L 8 SO 51/14 B ER).
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Beschwerdeverfahren die Verpflichtung des Antraggegners (im Folgenden: Ag.) zur Bewilligung von Hilfe zur Pflege in Form eines Persönlichen Budgets im Rahmen eines Assistenzmodells nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) streitig.
Der am ... 1989 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Ast.) ist (nach einer Frühgeburt) betroffen von einer ausgeprägten spastischen Tetraplegie, einer geistigen Retardierung, einer erheblichen Muskelschwäche des gesamten Körpers mit einer Verkrümmung der Wirbelsäule sowie einer inkompletten Harninkontinenz und Epilepsie. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit den Merkzeichen "G", "aG", "B", "H" und "RF" anerkannt. Nach den Feststellungen im Rahmen der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) vom 24. Oktober 2008 ist die Alltagskompetenz des Ast. im Sinne des § 45a SGB XI in erhöhtem Maße eingeschränkt. Die Toilette könne der Ast. nur mit Unterstützung aufsuchen. In der Psyche sei er freundlich und könne sich Texte gut merken. Er spreche Mehrwortsätze unter Wiederholung derselben Sätze. Eine einfache Kommunikation sei mit ihm möglich. Lesen, Schreiben, Zahlen und Zeit beherrsche er nicht.
Der Ast. lebte bis Juni 2014 bei seiner Mutter. Am 2. April 2014 beantragte er erneut bei dem B. ein Persönliches Budget im Leistungsbereich Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft für Hilfe zur Pflege im Rahmen eines Assistenzmodells einschließlich einer Budgetassistenz unter Hinweis auf einen mit dem 1. Mai 2014 angestrebten Mietvertrag mit der Lebenshilfe W. Im Rahmen eines Behördentermins der Betreuerin des Ast. stellte diese klar, dass nicht der Abschluss von Arbeitsverträgen mit Pflegekräften, sondern der Abschluss eines Vertrages über sämtliche Pflegeleistungen mit der I. W.er Land gGmbH (im Folgenden: I.) beabsichtigt sei.
Der Ast. mietete zum 1. Juli 2014 bei der Lebenshilfe W. ein Zimmer mit Bad/WC von 29,71 m² und die Benutzung von Gemeinschaftsflächen in einer (nach den Angaben auf dem Vertrag) selbst organisierten ambulant betreuten Wohngemeinschaft an. Seit dem 1. Juli 2014 erfolgt die Sicherstellung seiner pflegerischen Versorgung durch Sachleistungen der Pflegekasse nach der Pflegestufe III. Der Ast. erhält Betreuungsleistungen nach § 45b SGB XI auf Grund einer eingeschränkten Alltagskompetenz (200,00 EUR/Monat) und nach § 38a SGB XI als Pflegebedürftiger in einer ambulanten Wohngruppe (200,00 EUR/Monat). Der örtliche Sozialhilfeträger gewährt ihm Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den §§ 41 ff. SGB XII. Der Ast. besucht weiterhin von montags bis freitags von 7.00 bis 14.00 Uhr die Fördergruppe der I. und erhält hierfür von dem Ag. Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß den §§ 53, 54 SGB XII, ab dem 1. Januar 2014 in Höhe von 61,41 EUR/Tag.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2014 bewilligte der B. dem Ast. im Namen des Ag. auf den Antrag vom 2. April 2014 unter Bezugnahme auf die Zielvereinbarung vom 25. Juni 2014, zu der auf Blatt 31 ff. Bd. I der Gerichtsakten Bezug genommen wird, für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis zum 30. Juni 2015 Leistungen der Eingliederungshilfe bei dem Leitsyndrom einer geistigen Behinderung in Form eines Persönlichen Budgets in Höhe von insgesamt 6.555,00 EUR...