Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe bzw Hilfe zur Pflege. Persönliches Budget. Höhe. individuell festgestellter Bedarf. fehlende Kosten- bzw Verwendungsnachweise. keine fiktive Berechnung. Genehmigungserfordernisse. Bedenken hinsichtlich der Qualitätssicherung. einstweiliger Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
Soweit die Antragstellerin vom Leistungsträger Zahlungen auf einer fiktiven Berechnungsbasis für ihre Betreuung in einer Wohngemeinschaft, unabhängig von einem Nachweis der tatsächlichen Verwendung der Gelder auf der Grundlage bindender zivilrechtlicher Verträge erstrebt, fehlt es für einen solchen Zahlungsanspruch an einer Rechtsgrundlage. Soweit durch den Betreuer Mietverträge und Arbeitsverträge mit Pflegekräften abgeschlossen werden sollen, sind Genehmigungserfordernisse durch das Betreuungsgericht (§§ 1907 Abs 3, 1908i Abs 1 S 1 iVm § 1823 BGB) zu beachten.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 10. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragstellerin sind Kosten auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin (im Folgenden: Ast.) verfolgt mit ihrer Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) in Höhe von monatlich 7.110,68 EUR.
Bei der am ... 1988 geborenen Ast. trat bei dem Grundleiden einer infantilen Cerebralparese mit mentaler Retardierung im September 1994 ein Epilepsieleiden hinzu. Sie ist im Übrigen durch eine Skoliose, eine spastische Tetraparese und eine Beinverkürzung körperlich beeinträchtigt. Bei ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen "G", "aG", "B", "H" und "RF" anerkannt. Die Ast. bezieht Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III.
Mit Beschluss vom 13. Juni 2013 verlängerte das Amtsgericht S. (Az. 63 XVII 348/09 (H)) die Betreuung der Ast. durch ihre Eltern, weil diese auf Grund einer Krankheit bzw. Behinderung im Sinne von § 1896 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nach wie vor nicht in der Lage sei, die vom Aufgabenkreis erfassten Angelegenheiten (Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten) selbst zu besorgen. Das Gericht habe insoweit auf Grund seines persönlichen Eindrucks von einer förmlichen Anhörung der Ast. im Rahmen des Verfahrens abgesehen, weil diese offensichtlich nicht in der Lage sei, ihren Willen kundzutun.
Die Ast. besuchte von 1991 bis 1994 einen Förderkindergarten und im Anschluss daran bis 2006 eine Schule für geistig behinderte Kinder mit einer abschließenden Werkstufe. Nach dem von der Diplom-Psychologin W. erstatteten psychologischen Gutachten vom 6. Juni 2006 zur Festlegung konkreter Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wurde eine anschließende Übernahme der Ast. in eine Werkstatt für Behinderte Menschen (WfbM) zurückgestellt, da die Ast. mit den dortigen Bedingungen überfordert war, wobei eine Überforderung zu einer erhöhten Anfallsneigung führe, und einer intensiven Förderung in kleinen Gruppen im Rahmen eines fest strukturierten und gleichmäßigen Tagesablaufs bedürfe. Zum Zeitpunkt der Begutachtung wurde bei der Ast. neben einer geistigen Behinderung eine cerebrale Bewegungsstörung mit der Folge der Notwendigkeit einer Rollstuhlnutzung angegeben. Wegen der Harninkontinenz sei sie auf Windeln angewiesen. Die Ast. habe ein freundliches Wesen und sei in ihrer Schulgruppe gut integriert gewesen. Sie könne nach Angaben ihrer Mutter mit "Drei-Wort-Sätzen" kommunizieren. Sie sei zu einfachen grobmotorischen Handlungen in der Lage, indem es ihr möglich sei, einen dickeren Stift zu halten, Kreise zu malen, zu puzzeln und sich mit einfachen Steckspielen zu beschäftigen. Sie könne mit einem großen Löffel selbst essen. Im Ergebnis der Begutachtung wird festgehalten, bei der Ast. liege insgesamt eine schwere geistige Behinderung vor. Auf Grund der Schwere ihrer Behinderungen benötige die Ast. ständig Hilfe und Unterstützung bei allen lebenspraktischen Verrichtungen. In der sozialmedizinischen Stellungnahme der Ärztin des Gesundheitsamtes Dr. S. und der Diplom-Rehabilitationspädagogin J. zu den Voraussetzungen von Eingliederungshilfeleistungen nach den §§ 53 ff. SGB XII vom 30. Juli 2006 ist zu entnehmen, die Ast. sei bei der Untersuchung bewusstseinsklar sowie voll zum Ort, aber nur unzureichend zur Person und Zeit orientiert gewesen. Auf Fragen habe sie mit Ein- bis maximal Drei-Wort-Sätzen geantwortet. Ihre Sprache sei, bedingt durch die Spastik, sehr undeutlich. Leitsymptomatisch stehe bei der Ast. die wesentliche geistige Behinderung im Vordergrund. Auf Grund der geistigen und körperlichen Behinderungen benötige die Ast. die intensive Förderung in einer kleinen Gruppe, sodass ihre Teilnahme an einer Fördergruppe einer WfbM zu empfehlen sei.
Im Sommer 20...