Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Übernahme unabweisbarer Instandhaltungs- und Reparaturaufwendungen für selbst bewohntes Wohneigentum trotz etwaigem künftigen Anfall weiterer Kosten. Begrenzung der Kostenübernahme durch Angemessenheitsgrenzen. schlüssiges Konzept. Fehlen einer Aktualisierung durch den Grundsicherungsträger auch noch nach Ablauf von vier Jahren. keine gerichtliche Fortschreibung anhand des bundesdeutschen Verbraucherpreisindexes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Gewährung von Leistungen für Aufwendungen zur Instandhaltung und Reparatur von selbst bewohntem Wohneigentum iS von § 22 Abs 2 SGB II steht nicht entgegen, dass künftig möglicherweise weitere Instandhaltungs- und Reparaturaufwendungen anfallen. Mit seinem Verweis auf die Angemessenheitsgrenzen unter Berücksichtigung der im laufenden und den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen enthält § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II eine ausreichende Begrenzung. Dadurch wird sichergestellt, dass Eigenheimbesitzer nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt werden als Mieter.

2. Hat der zuständige Leistungsträger ein "schlüssiges Konzept" zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten nach vier Jahren nicht erneuert, kommt eine Fortschreibung durch das Gericht anhand des bundesdeutschen Verbraucherpreisindexes nicht in Betracht (vgl LSG Halle vom 13.9.2017 - L 5 AS 1038/13 = juris RdNr 100).

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. März 2019 wird wie folgt abgeändert: Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig für die Instandsetzung ihrer Wasserversorgung (Wasserleitungen, -anschlüsse und Boiler) sowie ihres Bades (Toilette, Bade-/Duschwanne und Waschbecken) 3.000 EUR zu zahlen. Die Antragsteller haben dem Antragsgegner innerhalb von drei Monaten ab Erhalt der Leistungen die zweckentsprechende Verwendung des Geldes nachzuweisen. Soweit die zweckentsprechende Verwendung nicht nachgewiesen ist, sind die Leistungen zu erstatten. Der Antragsgegner kann seine Zahlung von einer dinglichen Sicherung in gleicher Höhe abhängig machen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat den Antragstellern 45% ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. bewilligt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zur Instandsetzung ihrer Wasserversorgung und ihres Bades.

Der 1974 geborene Antragsteller ist gelernter Klempner. Gemeinsam mit seiner 1973 geborenen Ehefrau, der Antragstellerin, lebt er nach eigenen Angaben in einem ihr seit 2006 gehörenden Eigenheim mit einer Wohnfläche von 83 qm in H., H. Straße ... Seit 2005 beziehen die Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) vom Antragsgegner bzw. dessen Rechtsvorgänger. Zuletzt hat der Antragsgegner ihnen mit Bescheid vom 28. Juni 2019 vorläufig Leistungen für die Zeit von Juli bis Dezember 2019 in Höhe von 764 EUR bewilligt. Dabei hat er für beide Antragsteller nur den Regelbedarf in Höhe von jeweils 384 EUR zugrunde gelegt. Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) hat er nicht gewährt. Die Vorläufigkeit hat er mit Verweis auf eine selbstständige Tätigkeit der Antragstellerin begründet. Dabei ging er vorläufig davon aus, dass die Antragstellerin daraus nach Abzug der Freibeträge kein zu berücksichtigendes Einkommen erziele.

Bereits am 6. November 2018 haben die Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Magdeburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der der Antragsgegner verpflichtet werden soll, ihnen vorläufig Leistungen für die Kosten der Warmwasserversorgung in ihrem Haus zu übernehmen. Wegen einer unzureichenden Gewährung von Leistungen für die Beschaffung von Heizmaterial sei am 28. Februar 2018 ein Frostschaden an den Wasserleitungen ihres Hauses entstanden. Da ein Rohr in der Wand eingefroren sei, sei die Steigleitung ab dem Keller beschädigt. An der Badezimmerrückwand bestehe ein entsprechender Wasser- und Schimmelschaden. Durch das Aufweichen der Wand sei der Wasserboiler herausgebrochen und habe Trockenbauteile und Rohre aus der Wand gerissen. Der Boiler habe auch die Mischbatterie der darunter befindlichen Badewanne abgerissen, sei auf die Blech-Wanne gefallen und habe diese verbogen. Der Wasserbehälter der WC-Vorwandmontage sei beim Einfrieren geplatzt. Dazu haben die Antragsteller Fotos eingereicht; insoweit wird auf ihren Schriftsatz vom 20. Dezember 2018 verwiesen. Ihren Leistungsanspruch haben die Antragsteller im Laufe des Verfahrens auf 6.686,37 EUR beziffert und insoweit auf einen Kostenvoranschlag der Firma K. - Heizung, Sanitär, Bauklempnerei vom 28. Februar 2019 verwiesen. Dieser belief sich insgesamt auf 12.396,71 EUR. Die Antragsteller haben ab...

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