Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. kein Anordnungsgrund bei Unterkunftskosten für eine nicht mehr bewohnte Wohnung
Leitsatz (amtlich)
Eine Verpflichtung des SGB II-Leistungsträgers zur Übernahme von KdU im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt grundsätzlich nicht in Betracht, wenn der Leistungsberechtigte die Wohnung, für die diese Kosten geltend gemacht werden, nicht mehr bewohnt.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden Antragstellerin) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Kosten der Unterkunft (KdU) durch den Antragsgegner und Beschwerdegegner (im Folgenden: Antragsgegner) im Rahmen der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1994 in Italien geborene Antragstellerin ist deutsche Staatsbürgerin und mit dem 1988 in der Schweiz geborenen R. verheiratet, welcher sich nach Angaben der Antragstellerin in Italien aufhält.
Sie beantragte im August 2016 erstmals Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner. Dabei legte sie einen Mietvertrag vor, den sie mit Wirkung vom 15. August 2016 mit dem Verein "B. e. V." über eine Wohnung in Z./ OT G. geschlossen hatte. Vorstand des Vereins ist der Vater der Antragstellerin. Gemäß Mietvertrag habe die Antragstellerin eine monatliche Grundmiete in Höhe von 239,20 EUR, Abschläge auf die Nebenkosten in Höhe von 55,80 EUR und Vorauszahlungen auf die Heizkosten in Höhe von 80,00 EUR zu zahlen, woraus sich eine monatliche Bruttogesamtmiete von 375,00 EUR ergibt.
Mit Schreiben vom 23. September 2016 teilte der Außendienst des Antragsgegners der Antragsgegnerin mit, "aufgrund ungeklärter Sachlage" solle ein Termin für einen Hausbesuch vereinbart werden. Die Antragstellerin wurde gebeten, sich am 27. September 2016 zwischen 9:30 Uhr und 11:00 Uhr in bzw. an der Wohnung aufzuhalten. Der Außendienst des Antragsgegners konnte indes weder am 23. September noch im Rahmen eines weiteren Versuchs am 27. September 2016 jemanden in der Wohnung antreffen.
Mit Bescheid vom 30. September 2016 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 15. August bis 31. August 2016 in Höhe von 228,93 EUR sowie für den Zeitraum vom 1. September 2016 bis 31. Januar 2017 in Höhe von monatlich 404,00 EUR. KdU wurden dabei nicht berücksichtigt.
Hiergegen erhob die Antragstellerin am 6. Oktober 2016 Widerspruch.
Darüber hinaus hat sie am 5. Oktober 2016 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht mit dem Begehren, ihr auch KdU zu bewilligen. Sie könne nicht nachvollziehen, weshalb diese nicht übernommen würden. Sie befinde sich inzwischen mit zwei Monatsmieten in Rückstand. Hierzu hat sie auch eine entsprechende eidesstattliche Versicherung vorgelegt.
Der Antragsgegner hat ausgeführt: Es sei nicht dargelegt worden, weshalb eine einstweilige Anordnung zur Abwendung schwerer unzumutbarer Nachteile erforderlich sei. Es werde bezweifelt, dass eine zu dem Mietvertrag passende Wohnung überhaupt existiere und von der Antragstellerin tatsächlich bewohnt werde. Das Gebäude sehe verlassen aus, Fenster und Türen seien zugemauert. Inzwischen habe der Vater der Antragstellerin als Vorstand des Vereins weitere Mietverträge mit Familienmitgliedern abgeschlossen.
Mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 mahnte der Vermieter gegenüber der Antragstellerin offene Mietforderungen für den Zeitraum vom 1. August bis 31. Oktober 2016 in Höhe von insgesamt 1660,10 EUR an.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2016 kündigte der Außendienst des Antragsgegners einen Hausbesuch für den 27. Oktober 2016 an. An diesem Tage wurde die Antragstellerin von Mitarbeitern des Antragsgegners angetroffen. Die Antragstellerin verweigerte den Zutritt zur Wohnung und teilte mit, keinen Hausbesuch zu wünschen.
Mit Beschluss vom 17. November 2016 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt: Für Zeiten vor dem 5. Oktober 2016, dem Tag der Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, sei eine aktuelle Notlage nicht feststellbar, ein unmittelbares Hineinwirken nicht gewährter Leistungen in die Gegenwart nicht glaubhaft vorgetragen. Aber auch für den Zeitraum vom 5. Oktober 2016 bis 31. Januar 2017 fehle es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Denn bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf Leistungen für KdU erfordere der Anordnungsgrund eine konkrete Gefahr für den Eintritt eines wesentlichen Nachteils in dem Sinne, dass Wohnungslosigkeit (beispielsweise durch eine Kündigung des Mietverhältnisses bzw. im Hinblick auf eine Räumungsklage) drohe. Dies sei hier nicht gegeben. Eine Kündigung sei nicht ausgesprochen worden, ebenso wenig habe der Vermieter versucht, seine Forderung durchzusetzen. Es sei zweifelhaft, ob "in diesem ver...